Mahd
Allgemeines
Jedes Jahr sterben in der Schweiz mehrere Tausend Rehkitze bei der Grasernte. Weil sie sich bei Gefahr instinktiv ducken und still verhalten, werden sie beim Mähen leicht übersehen und geraten so in die rotierenden Messer.
Hierdurch werden sie getötet oder sogar lebendig verstümmelt, woran sie in der Folge qualvoll verenden. Neben Rehkitzen fallen regelmässig auch Katzen, Igel und weitere Kleintiere, in selteneren Fällen Feldhasen, kleine Wiesenbrüter und Füchse Mähwerken zum Opfer.
Pflichten der Landwirte
Es ist allgemein bekannt, dass das Mähen erntereifer Wiesen für Wild- und Haustiere eine grosse Gefahr darstellt. Dennoch werden jedes Jahr unzählige Tiere bei der Mahd getötet oder verstümmelt. Weil die Gefahr durch die Mahd überhaupt erst geschaffen wird, kommt Landwirten eine sogenannte Garantenstellung aus Ingerenz zu. Somit stehen sie in der Pflicht, ihre Wiese vorgängig nach Tieren abzusuchen oder absuchen zu lassen.
Vielerorts gibt es Anwohner, Tierschutzorganisationen oder auch Jagdvereine, die dies kostenlos übernehmen. Befindet sich das zu mähende Feld in der Nähe einer Siedlung, erscheint es zudem angezeigt, die Anwohner vor der Mahd informieren, sodass diese ihre freilaufenden Katzen im fraglichen Zeitraum im Haus behalten können. Wer diese Vorsichtsmassnahmen ausser Acht lässt und dabei Tiere verletzt oder tötet, macht sich strafbar und muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.
Strafe wegen Tierquälerei
Das Tierschutzgesetz (TSchG) hält fest, dass mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft wird, wer ein Tier misshandelt, vernachlässigt, es unnötig überanstrengt, dessen Würde in anderer Weise missachtet, qualvoll oder aus Mutwillen tötet. Dies ist zweifellos erfüllt, wenn Tiere durch das Mähwerk zu Tode kommen oder verstümmelt werden.
Damit macht sich ein Landwirt der Tierquälerei strafbar, wenn er ein Wirbeltier vermäht. Hat er zuvor jedoch alle zumutbaren Massnahmen getroffen, um dies zu verhindern, und kommt es dennoch zu einem Unfall mit Tieren, ist der Landwirt hierfür nicht zu bestrafen.
Strafe wegen Sachbeschädigung
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentum besteht, schädigt, zerstört oder unbrauchbar macht. Obschon Tiere nicht mehr als Sachen gelten, sind einige Sachbestimmungen noch immer auf sie anwendbar.
Neben dem Tatbestand der Tierquälerei kann das Vermähen eines in fremdem Eigentum stehenden Heimtieres somit auch den Tatbestand der Sachbeschädigung nach Art. 144 StGB erfüllen.
Zivilrechtliche Ansprüche
Art. 41 OR besagt, dass zum Ersatze verpflichtet ist, wer einem anderen widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht oder aus Fahrlässigkeit. Wird ein Heimtier verletzt oder getötet, kann dessen Eigentümer also beispielsweise die entsprechenden Kosten für die Behandlung oder die Euthanasie als Schadenersatz fordern.
Zusätzlich kann der Richter anordnen, dass der rein emotionale Wert, den das Heimtier für seinen Halter hatte, zu ersetzen ist. Dieser sogenannte Affektionswert kann mehrere Tausend Franken betragen.
Zumutbare Präventivmassnahmen
Die zumutbaren Massnahmen, die durch einen Landwirt zu treffen sind, sind aufgrund der konkreten Situation zu bestimmen. Von Bedeutung ist, dass ernsthafte Bemühungen unternommen werden, um einen Unfall mit Tieren effektiv zu verhindern.
Wenig erfolgversprechende Scheinmassnahmen genügen indessen nicht, um die Sorgfaltspflicht zu erfüllen. Es liegt in der Verantwortung des Mähenden, sich ausreichend über geeignete Massnahmen zu informieren.
Mögliche Massnahmen zum Schutz von Wild- und Haustieren
Entscheidend ist auch die Mähtechnik an sich: Das Feld sollte stets von innen nach aussen gemäht werden, um aufgeschreckte Tiere nicht an der Flucht zu hindern und versehentlich einzukesseln. Darüber hinaus sind technische Wildretter verfügbar, die am Traktor befestigt werden, namentlich mittels Infrarot- und Mikrowellensensoren, um Temperaturunterschiede und Wassergehalt der Umgebung zu messen, oder Sirenen, die der Vergrämung dienen sollen. Auch sie garantieren allerdings keine völlige Sicherheit und sind teilweise mit erheblichen Kosten verbunden.
Landwirte sollten sich daher bereits deutlich vor der Ernte überlegen, welche Massnahmen für sie in Frage kommen. Es kann beispielsweise eine Freiwilligengruppe zusammengestellt und die Mahd mit anderen Bauern koordiniert werden. Anwohner sind rechtzeitig zu informieren.
Von Bedeutung ist im Weiteren der korrekte Umgang mit Wildtieren: Wird ein Kitz gefunden, befindet sich oftmals noch ein zweites in der Nähe. Nicht zuletzt sollte man sich darüber informieren, wie ein Kitz angefasst und in Sicherheit gebracht werden kann.
Auch Insekten sind schützenswert
Als wirbellose Tiere werden Insekten zwar nicht vom Geltungsbereich der Tierschutzgesetzgebung erfasst, dennoch ist auch ihr Leben achtenswert und ihre Würde verfassungsrechtlich geschützt. Um etwa Bienenverluste zu vermeiden, sollte möglichst ausserhalb ihrer Flugzeit gemäht werden.
Der Verzicht auf die Anwendung eines Mähaufbereiters erweist sich ebenfalls als sinnvolle Massnahme, um die Tötung von Fluginsekten wirkungsvoll zu verhindern.