Pelzimportverbot und Deklarationspflicht für tierische Lebensmittel – TIR begrüsst neue Regelungen, weist aber auch auf Mängel hin
Am vergangenen Mittwoch hat der Bundesrat ein Importverbot für tierquälerisch erzeugte Pelzprodukte sowie auch eine Deklarationspflicht für Stopflebererzeugnisse und bestimmte tierische Lebensmittel, die im Ausland mit schmerzverursachenden Eingriffen ohne Schmerzausschaltung gewonnen wurden, beschlossen. Insbesondere das Pelzimportverbot ist aus Tierschutzsicht als Meilenstein zu werten, auf den die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) gemeinsam mit anderen Organisationen schon lange hingewirkt hat. Die neuen Regelungen enthalten jedoch auch gewichtige Schwachpunkte.
30.05.2025
Die TIR ist hocherfreut darüber, dass die Einfuhr tierquälerisch gewonnener Pelzerzeugnisse untersagt wird. Denn nur auf diese Weise lässt sich verhindern, dass durch eine inländische Nachfrage tierquälerische Herstellungsmethoden im Ausland gefördert werden, die von einem Grossteil der Schweizer Bevölkerung klar abgelehnt werden. Dementsprechend hat sich die TIR auch schon seit vielen Jahren für ein Importverbot stark gemacht. In zwei Rechtsgutachten hat die TIR zudem in Zusammenarbeit mit Experten im Bereich des internationalen Rechts nachgewiesen, dass eine solche Massnahme auch mit den internationalen Handelsverpflichtungen der Schweiz vereinbar ist (Stohner Nils/Bolliger Gieri, GATT-rechtliche Zulässigkeit von Importverboten für Pelzprodukte, Schriften zum Tier im Recht, Band 4, Zürich/Basel/Genf 2011).
Die neue Regelung weist jedoch auch Mängel auf. Scharf zu kritisieren ist insbesondere, dass Pelze von Tieren, die mit sogenannten Schlagfallen gejagt wurden, gemäss den Erläuterungen des Bundesrats zu den Verordnungsanpassungen vom Importverbot ausgenommen sind. Solche Fallen führen aufgrund ihrer unzuverlässigen Wirkungsweise nicht selten zu einem langsamen, schmerzhaften Tod der Tiere, weshalb ihr Einsatz als klar tierquälerisch zu bezeichnen ist. Ausserdem bergen sie ein hohes Risiko dafür, dass es zu Fehlfängen kommt, womit sie auch aus Artenschutzsicht bedenklich sind. In der Schweiz ist die Jagd mit Schlagfallen aufgrund ihrer Tierschutzrelevanz ausdrücklich verboten. Vor diesem Hintergrund ist in keiner Weise nachvollziehbar, weshalb der Bundesrat deren Einsatz im Zusammenhang mit der Pelztierjagd im Ausland als nicht tierquälerisch beurteilt.
Gleichzeitig mit den genannten Anpassungen auf Verordnungsstufe veröffentlichte der Bundesrat auch seine Botschaft zur "Pelz-Initiative", die von der Alliance Animale Suisse (AAS) im Dezember 2023 eingereicht wurde und die Verankerung eines Importverbots für tierquälerisch gewonnene Pelzprodukte auf Verfassungsstufe fordert.
Der Bundesrat lehnt die Initiative ab, legt dem Parlament aber einen
indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesebene vor. Gemäss diesem sollen
zusätzlich zum Import auch die Durchfuhr entsprechender Pelzerzeugnisse
und der innerstaatliche Handel mit solchen untersagt werden. Das
Parlament wird sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag zu
gegebenem Zeitpunkt beraten.
Ebenfalls am vergangenen Mittwoch vom Bundesrat beschlossen wurde die
Einführung einer Deklarationspflicht für gewisse importierte tierische
Lebensmittel. Diese sieht konkret vor, dass bei Rind-, Schweine-,
Hühner- und Truthühnerfleisch, Froschschenkeln, Kuhmilch und Hühnereiern
künftig ein Vermerk anzubringen ist, wonach die Produkte mit
schmerzverursachenden Eingriffen ohne Schmerzausschaltung gewonnen
wurden, falls im Rahmen der Herstellung bestimmte, in der betreffenden
Verordnung umschriebene Praktiken zur Anwendung gelangten. Zudem müssen
Produkte aus der Stopfmast (beispielsweise Foie gras) neu mit dem
Hinweis versehen werden, dass sie von zwangsernährten Gänsen bzw. Enten
stammen. Die TIR begrüsst die Kennzeichnungspflicht als Schritt in die
richtige Richtung, erachtet diese jedoch als nicht ausreichend. Ihrer
Ansicht nach wäre aus Tierschutzsicht auch in Bezug auf die von der
Deklarationspflicht betroffenen Produkte ein Einfuhrverbot angezeigt, da
die entsprechenden Herstellungsmethoden nach Schweizer Massstab als
klare Tierquälereien zu qualifizieren und dementsprechend hierzulande
untersagt sind. In Bezug auf Stopfleberprodukte wurde im Dezember 2023
von der AAS eine entsprechende Initiative eingereicht, die auch von der TIR unterstützt wird.
Ein
Schwachpunkt der vorgesehenen Deklarationspflicht liegt zudem in der
Beweislastverteilung. Die Behörden können fehlende Kennzeichnungen nur
dann beanstanden, wenn ihnen der Nachweis gelingt, dass die betreffenden
Produkte tatsächlich mit einer kennzeichnungspflichtigen Methode
gewonnen wurden. Hierfür müssten sie allerdings die im Ausland liegenden
Produktionsbetriebe kontrollieren, was einerseits mit einem
unverhältnismässigen Aufwand und anderseits mit rechtlichen
Schwierigkeiten verbunden wäre. Eine seriöse Überprüfung der Einhaltung
der Deklarationspflicht wird damit weitestgehend verunmöglicht.
Wesentlich sinnvoller wäre eine Regelung gewesen, die den
Verkaufsstellen die Beweislast auferlegt hätte. Diese hätten dann den
Nachweis erbringen müssen, dass nicht deklarierte Produkte tatsächlich
ohne die anzugebenden tierquälerischen Methoden gewonnen wurden.
Die
TIR hatte zusammen mit den Organisationen Vier Pfoten, Zürcher
Tierschutz und Schweizer Tierschutz STS im Rahmen der Vernehmlassung zu
den Verordnungsänderungen in einer gemeinsamen Stellungnahme auf die
genannten Mängel hingewiesen und Verbesserungsvorschläge angebracht.
Leider wurden diese vom Bundesrat letztlich nicht berücksichtigt. Aus
Tierschutzsicht sind die Neuerungen insgesamt aber dennoch als
bedeutender Fortschritt gegenüber der aktuellen Situation zu betrachten.
Die neuen Vorschriften werden per 1. Juli mit einer Übergangsfrist von
zwei Jahren in Kraft treten.
Weitere Informationen:
- Pelzimportverbot: Änderung der Verordnung über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten im Verkehr mit Drittstaaten (EDAV-DS) vom 28.5.2025
- Pelzimportverbot: Änderung der Verordnung über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten im Verkehr mit den EU-Mitgliedstaaten, Island und Norwegen sowie Nordirland (EDAV-EU) vom 28.5.2025
- Pelzimportverbot: EDAV-DS und EDAV-EU – Erläuterungen zur Änderung vom 28.5.2025
- Deklarationspflicht für tierische Lebensmittel: Änderung der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV) vom 28.5.2025
- Deklarationspflicht für tierische Lebensmittel: Erläuterungen zur Änderung der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung vom 28.5.2025
- Medienmitteilung des Bundesrats vom 28.5.2025: Neue Deklarationspflichten für tierische Lebensmittel schaffen Transparenz für Konsumierende
- Botschaft des Bundesrats zur Volksinitiative "Ja zum Importverbot für tierquälerisch erzeugte Pelzprodukte (Pelz-Initiative)" und zum indirekten Gegenvorschlag (Änderung des Tierschutzgesetzes) vom 28.5.2025
- Medienmitteilung des Bundesrats vom 28.5.2025: Import- und Handelsverbot für tierquälerisch erzeugte Pelze: Bundesrat verabschiedet Botschaft
- Vernehmlassung zu Pelzimportverbot und Deklarationspflichten für tierische Lebensmittel: Gemeinsame Stellungnahme der Organisationen Zürcher Tierschutz, Vier Pfoten, Schweizer Tierschutz STS und TIR vom 2.7.2024
- Volksinitiative "Ja zum Importverbot für tierquälerisch erzeugte Pelzprodukte (Pelz-initiative)"
- Volksinitiative "Ja zum Importverbot für Stopfleber (Stopfleber-Initiative)"
- Kampagnenseite "Stopp Pelz" mit weiteren Informationen rund um das Thema Pelz
- Rüttimann Andreas/Gerritsen Vanessa/Blattner Charlotte, Zulässigkeit von Beschränkungen des Handels mit tierquälerisch hergestellten Pelzprodukten, Schriften zum Tier im Recht, Band 16
- Stohner Nils/Bolliger Gieri, GATT-rechtliche Zulässigkeit von Importverboten für Pelzprodukte, Schriften zum Tier im Recht, Band 4