Tourismus und Wildtierattraktionen
Freizeitangebote mit Wildtieren erfreuen sich grosser Beliebtheit. Erlebnisse mit exotischen Tieren werden sowohl über das Internet als auch direkt vor Ort angeboten. Sie können allerdings mit erheblichen Belastungen für die betroffenen Tiere verbunden sein. Um der Nachfrage nach diesen Erlebnissen zu begegnen, werden zudem viele Tierarten der Wildnis entnommen, sodass solche Angebote auch negative Auswirkungen auf den Bestand der Art haben können. Aus Tier- und Artenschutzgründen sollte auf gewisse Wildtiererlebnisse deshalb gänzlich verzichtet werden:
Elefantenritte
Elefantenritte gehören in asiatischen und afrikanischen Ländern immer noch zu den bei Touristen beliebten Ferienaktivitäten. Hinter diesen vermeintlich naturnahen Begegnungen steckt jedoch immenses Leid für die betroffenen Tiere. Um die Elefanten für ihre zukünftige Aufgabe gefügig zu machen, werden sie oft als Jungtiere von der Mutter getrennt und einem traumatischen Trainingsprozess unterzogen.
Im Englischen wird dieses Training "the crush" genannt, was sinngemäss
übersetzt in etwa "die Zermürbung" bedeutet. Dabei wird der Wille des
Tieres durch gezielte Leidzufügung wie Futterentzug, mit Stacheln
versehene Beinketten oder Schläge mit dem sogenannten Elefantenhaken,
einem spitzen, für die empfindsame Elefantenhaut konzipierten
Instrument, gebrochen. Bei wild gefangenen Elefantenkälbern kommt es
vor, dass mehrere Mitglieder eines Familienverbands getötet werden, weil
sie versuchen, ihre Jungtiere zu beschützen.
Auch nach dem
initiierenden Training werden die Elefanten oft unter tierschutzwidrigen
Bedingungen gehalten. Sind sie nicht für den Ausritt mit Touristen im
Einsatz, verbringen sie ihre Zeit meist in viel zu kleinen Gehegen,
nicht selten ohne Beschäftigung oder Sozialkontakt. Neben physischen
Verletzungen sind häufig Verhaltensstörungen durch die tierschutzwidrige
Haltung die Folge. In jüngerer Zeit wird neu statt auf Elefantenritte
auf ein Angebot gesetzt, bei dem Touristen mit Elefanten zusammen baden
und diese dabei waschen dürfen. Diese Form der Begegnung wird zuweilen
als humaner angepriesen als der Ausritt auf einem Elefanten. In der
Realität unterläuft das Tier jedoch den gleichen Trainingsprozess wie
jene Tiere, die für Elefantenritte eingebrochen werden.
Foto © Jo-Anne McArthur / We Animals
Kamelreiten
Kamelreiten im Urlaub gehört ebenfalls zu den Erlebnissen, die mit
grossem Leid für die betroffenen Tiere verbunden und deshalb zu meiden
sind. Schon seit Jahren äussern internationale und regionale
Tierschutzorganisationen Kritik an der Haltung und am Umgang mit den
Tieren, die für touristische Ausritte eingesetzt werden. Gemäss einer
Untersuchung von Peta Asien in Ägypten sind Schläge und eine
ausgesprochen grobe Umgangsweise keine Seltenheit. Der Zustand vieler
Kamele weist gemäss dieser Recherche Anzeichen von Vernachlässigung auf:
selbst klaffende Wunden bleiben unbehandelt, zahlreiche Tiere sind
unterernährt. Ägypten hat in der Zwischenzeit auf die entsprechenden
Berichte reagiert; das Tourismusministerium hat ein Verbot für
touristisches Kamelreiten und Pferdekutschen in der Umgebung der
Pyramiden von Gizeh und in archäologischen Stätten beschlossen.
Foto © Anipixels.com
Aufführungen mit Tieren
Aufführungen mit Tieren, sogenannte Tiershows, werden in vielen Ländern nach wie vor gut besucht, auch durch Touristen. Das Lächerlichmachen oder Vermenschlichen von Tieren zur Belustigung des Publikums stellt jedoch eine klare Erniedrigung des Tieres und Missachtung seiner Würde dar und sollte daher auf keinen Fall durch einen Besuch der Show unterstützt werden. Besonders beliebte Arten für solche Aufführungen sind unter anderem Bären, Affen, Seelöwen, Walartige, Raubkatzen, Elefanten und Vögel wie Papageien oder Raubvögel. Meist müssen die Tiere dabei unnatürliche Verhaltensweisen ausführen, die vorgängig eindressiert werden.
Dieses Training kann durch positive Verstärkung erfolgen oder aber auf
grausamen Dressurmethoden basieren, die mit körperlicher und psychischer
Leidzufügung, namentlich Unterwerfung, Schmerz und Verängstigung des
Tieres, verbunden sind.
Elefanten, die für Touristen Bilder malen,
werden beispielsweise dem gleichen Trainingsprozess ausgesetzt, wie
solche, die für Elefantenritte eingesetzt werden. Teilweise handelt es
sich sogar um dieselben Tiere. Jungbären werden in einigen Ländern in
stehender Position an die Wand gekettet, damit sie stark genug werden,
um auf zwei Beinen zu laufen. Und selbst Belohnungs- statt
Bestrafungsstrategien funktionieren meist auf Basis vorgängigen Futter-
und Wasserentzugs, um die zu dressierenden Tiere zur Mitwirkung zu
bewegen.
Weitere problematische Aspekte sind etwa die lauten Geräusche und die
unausweichliche Nähe zum Menschen, die bei Wildtieren oftmals Stress
auslösen. Ihre Unterbringung ausserhalb der Aufführungszeiten findet in
aller Regel in wenig strukturierten Gehegen statt, wo sie kaum
Beschäftigung finden oder artgerechte Verhaltensweisen ausüben können.
Zum Beispiel haben Delfine ein ausgeprägtes Bewegungsbedürfnis und leben
normalerweise in grossen Gemeinschaften mit bemerkenswerten
Sozialstrukturen und einem eindrucksvollen Kommunikationssystem. Die
Unterbringung in Gefangenschaft bedeutet daher stets eine massive
Beeinträchtigung ihres Wohlergehens.
Selbst in Ländern mit hohem
Tierschutzstandard, die vergleichsweise grosse Gehege anbieten müssen,
kann den Bedürfnissen von Wildtieren regelmässig kaum Genüge getan
werden. In den meisten Ländern sind die Bedingungen der Gefangenhaltung
von Tieren mangels entsprechender gesetzlicher Vorgaben demgegenüber
geradezu prekär.
Foto © Jo-Anne McArthur / One Voice
Erinnerungsfotos und Selfies mit Tieren
Wenn Jungtiere grösser werden und ihren Niedlichkeitsfaktor verlieren oder die Saison vorüber ist, werden die Tiere oftmals getötet, ausgesetzt oder abgeschoben. "Nachschub" stammt bei einigen Arten aus Wildfängen. Die Elterntiere der gefangenen Jungtiere werden dabei meistens getötet. Teilweise werden Tiere eigens für Touristenattraktionen gezüchtet, wobei die Touristen häufig mit Artenschutzbehauptungen geködert werden. So beispielsweise wird ihnen glaubhaft gemacht, mit dem für das "Raubkatzenstreicheln" bezahlten Entgelt zur Erhaltung bedrohter Arten beizutragen.
Im Glauben, sich für den Artenschutz zu engagieren, leisten
zahlreiche Touristen hierdurch ungewollt einen Beitrag an unseriöse
Zuchteinrichtungen, die sich oftmals irreführend als "Auffangstationen"
oder "Waisenhäuser" bezeichnen. Zur wichtigen Arbeit seriöser Auffang-
und Wildtierstationen und zu den Kriterien, die sie von unseriösen
Angeboten unterscheiden, siehe unter "Freiwilligeneinsätze".
Foto © Jo-Anne McArthur / We Animals
Im Allgemeinen sollten "Hands on"-Begegnungen unbedingt vermieden werden. "Hands on" bedeutet, dass ein direkter Kontakt mit den Wildtieren gestattet wird. Es scheinen hierfür Tiere und Erlebnisse fast jeder Art offeriert zu werden – von Schildkröten und anderen Reptilien in Anfassbecken über Raubkatzenbabystreicheln bis hin zur Betreuung und Pflege von Pandabären. Fragwürdige Angebote sollten Touristen bei ihrem Hotel- oder Reiseveranstalter melden. Auch bei Safaris, Delfin- und Walbeobachtungstouren und weiteren Wildtiererlebnissen ohne direkten Kontakt mit Tieren ist auf die Seriosität der Anbieter zu achten. Kleine Gruppengrösse, die Einhaltung angemessener Abstände und des nötigen Respekts, eine fachliche Begleitung sowie der Verzicht auf das Aussteigen aus dem Fahrzeug oder Boot sind dabei wichtige Auswahlkriterien. Die Nachfrage bestimmt das Angebot – Konsumenten haben es also in der Hand, durch ihr Verhalten Einfluss auf die Angebotslage vor Ort zu nehmen.
Mehr zum richtigen Verhalten im Ausland
- Freiwilligeneinsätze
- Souvenirs und Konsumgüter
- National Geographic Bericht (Juni 2019) "Suffering unseen: The dark truth behind wildlife tourism"
- TIR Sensibilisierungs-Kampagne Für Wildtiere ist es eine Qual, von Touristen betatscht zu werden.