Retentionsrecht
Allgemeines
Die Befugnis des Gläubigers, eine sich in seinem Besitz befindende, aber dem Schuldner gehörende Sache zurückzubehalten, um eine allfällige Forderung zu sichern, bezeichnet man als Retentionsrecht. Dabei muss der zurückbehaltene Gegenstand einen Zusammenhang mit der Forderung aufweisen und diese fällig sein. Das Retentionsrecht stellt sowohl ein Sicherungs- als auch ein Druckmittel dar und kommt in diversen Rechtsgebieten in vielfältigen Erscheinungsformen vor.
Wird die Schuld nicht bezahlt, kann das Pfand nach vorgängiger Benachrichtigung des Schuldners nach den Regeln der Betreibung auf Pfandverwertung zur Befriedigung des Gläubigers versteigert oder verkauft werden. Seit Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden, keine Sachen mehr sind und als unpfändbare Kompetenzstücke gelten, ist es nicht mehr möglich, diese zur Sicherung einer Forderung zurückzubehalten, um sie anschliessend zu verwerten.
Rechtliche Erfassung
Das Retentionsrecht ist in Art. 895ff. ZGB statuiert. Heimtiere dürfen jedoch nicht zurückbehalten werden, um eine Forderung sicherzustellen (Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1a SchKG). Eine Ausnahme bildet Art. 57 OR, der dem Besitzer einer Liegenschaft – das heisst dem Eigentümer, Mieter, Pächter oder einer Hilfsperson – die Möglichkeit verleiht, fremde Tiere, die auf seinem Grundstück Schaden anrichten, zur Sicherung seiner Ersatzforderung einzufangen und in Gewahrsam zu nehmen. Er muss den Tierhalter unverzüglich über seine Handlung orientieren bzw. das Notwendige zu dessen Ermittlung unternehmen. Der Liegenschaftsbesitzer darf das Tier solange bei sich behalten, bis der Schuldner bezahlt hat. Nötigenfalls steht ihm das Recht zu, das Tier zu verkaufen, um sich schadlos zu halten.
Als unter tierschützerischen Aspekten problematisch erscheint die Möglichkeit des Grundstückbesitzers, das zurückbehaltene Tier in einem solchen Fall zu töten, "falls die Umstände es rechtfertigen" (Art. 57 Abs. 1 OR). Vom Recht, das Tier zu töten, darf der Gläubiger aber nur im äussersten Notfall und unter Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit (es dürfen also keine milderen Massnahmen mehr möglich sein), Gebrauch machen. Zudem sind selbstverständlich die Bestimmungen des Tierschutzrechts über das Töten von Tieren einzuhalten. In jedem Fall muss ein Tier für die Anwendung von Art. 57 OR auf dem fremden Grundstück bereits einen Schaden angerichtet haben; ein präventives Einfangen oder gar Töten ist somit keinesfalls gerechtfertigt. Vor Eintritt eines Schadens stehen dem bedrohten Grundstückbesitzer die Mittel des Besitzesschutzes (Art. 926ff. ZGB) zur Verfügung.