TIR erfreut: Erstmals Bestrafung wegen Zucht von brachyzephalen Katzen
Im Kanton Zürich wurde 2015 erstmals die gezielte Zucht von kurzköpfigen Katzen als Verstoss gegen die Tierschutzgesetzgebung qualifiziert. Auch wenn die beiden Strafbefehle des Statthalteramts Dielsdorf bezüglich der Subsumtion zu bemängeln sind, begrüsst die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) die Verurteilungen wegen Verstosses gegen das Qualzuchtverbot. Die TIR erhofft sich davon Signalwirkung für die künftige Strafpraxis.
04.08.2016
Trotz klarer Rechtslage gestaltet sich die Umsetzung des Qualzuchtverbots als schwerfällig. Um diesem unbefriedigenden Zustand entgegenzuwirken, hat die TIR 2012 sieben Strafanzeigen gegen fehlbare Züchter eingereicht (Siehe dazu die Newsmeldung vom 27.11.2012). Als Umsetzungshilfe dient seit dem 1.1.2015 ausserdem die Verordnung über den Tierschutz beim Züchten des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), die die nicht immer ganz einfache Unterscheidung zwischen verbotenen Zuchtauswüchsen und legitimen Zuchtzielen verdeutlichen soll.
In den beiden Strafbefehlen des Statthalteramts Dielsdorf vom 26. Juni 2015 (TIR-Datenbank: ZH15/195 und ZH15/196) wurde den Züchtern das Verwenden von brachyzephalen Katzen zur Last gelegt. Brachyzephalie steht für Kurz- bzw. Rundköpfigkeit. Betroffene Tiere leiden aufgrund der Verkürzung und Abflachung des Kopfes an verengten Nasengängen, was Atem- und Fressprobleme zur Folge hat. Zudem kann die Tränenflüssigkeit nicht mehr richtig abfliessen, weshalb die Augen der Katzen permanent verklebt sind und es zu chronischen Augenentzündungen kommt. Aufgrund des runden, breiten Kopfs können die Tiere häufig lediglich per Kaiserschnitt gebären.
Das Statthalteramt Dielsdorf hat nach Ansicht der TIR fälschlicherweise Art. 28 Abs. 1 lit. b TSchG als einschlägige Strafnorm zur Anwendung gebracht, die das vorschriftswidrige Züchten und Erzeugen von Tieren als Auffangtatbestand unter Strafe stellt. Weil brachyzephale Katzen erheblich unter ihren Zuchtauswüchsen leiden, hätte vorliegend zwingend der Tierquälereitatbestand nach Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG herangezogen und eine Geld- oder Freiheitsstrafe ausgesprochen werden müssen. Die TIR ist daher zwar erfreut, dass sich eine Strafbehörde erstmals mit den hierzulande trotz Regulierung noch immer verbreiteten quälerischen Zuchtauswüchsen befasst hat, sie würdigt die entsprechende Subsumtion und die aufgrund dessen ausgesprochene Busse von 650 Franken jedoch kritisch.
Die TIR erhielt die beiden Strafbefehle im Rahmen ihres Einsichtsrechts in sämtliche kantonalen Strafentscheide, zwecks Einlesens in ihre Straffälle-Datenbank, zugestellt. Es liegen ihr ausschliesslich die beiden Strafbefehle (ZH15/195 und ZH15/196), nicht jedoch die vollständigen Akten vor, weshalb zum genauen Sachverhalt keine weiteren Angaben gemacht werden können. Es ist zu hoffen, dass dadurch auch weitere Strafbehörden zu einer konsequenteren Ahndung von Extremzuchten bewegt werden.
- Newsmeldung vom 27.11.2012: Tierschutzstrafpraxis 2011: TIR-Analyse zeigt massive kantonale Vollzugsunterschiede und fehlende Umsetzung des Qualzuchtverbots auf
- Verordnung des BLV über den Tierschutz beim Züchten
- TIR-Straffälle-Datenbank
- Strafbefehle vom 26.6.2015 (TIR-Datenbank: ZH15/195)
- Strafbefehle vom 26.6.2015 (TIR-Datenbank: ZH15/196)
- Urteil des deutschen Verwaltungsgerichts Berlin vom 23.9.2015 bzgl. Nacktkatzen