Tierversuche
Allgemeines
Als Tierversuch wird jedes geplante und von einem Versuchswillen getragene Vorhaben bezeichnet, für das lebende Tiere verwendet werden. Neben einem allfälligen Gewinn an fachspezifischen Erkenntnissen ist dabei charakteristisch, dass die eingesetzten und in der Regel aus speziellen Zuchtbetrieben stammenden Tiere teilweise beträchtlichen physischen und psychischen Belastungen (Schmerzen, Ängsten, dauerhaften Schäden etc.) ausgesetzt und im Rahmen der Experimente oder in deren Anschluss häufig getötet werden. Tierversuche dienen sowohl der Grundlagenforschung (das heisst dem generell verbesserten Verständnis von Mechanismen und Funktionen biologischer Phänomene und Prozesse) als auch der angewandten Forschung, die auf ein klar definiertes Ziel wie beispielsweise die Entwicklung einer Therapie zur Behandlung einer bestimmten Krankheit abzielt. Neben traditionellen Fachgebieten wie Medizin und Pharmazie sind hierbei auch neue tierexperimentelle Anwendungsbereiche wie etwa Ernährungswissenschaft, Ökotoxikologie oder Gentechnologie entstanden.
Die Notwendigkeit und ethische Zulässigkeit von Tierversuchen bilden einen besonders sensiblen und kontrovers behandelten Diskussionspunkt innerhalb der Mensch-Tier-Beziehung, dem der Gesetzgeber mit einer zwingend vorzunehmenden Güterabwägung Rechnung tragen will. Abgewogen wird dabei zwischen dem wissenschaftlichen Nutzen, der sich aus dem jeweiligen Versuch ergibt, und der Summe der Belastungen, die auf Seiten des Tieres entstehen.
Rechtliche Erfassung
Tierversuche bilden aufgrund der Instrumentalisierung der betroffenen Tiere und der Tatsache, dass diesen oftmals teilweise erhebliche Belastungen zugefügt werden, einen besonders sensiblen Tierschutzbereich. Sie sind in der schweizerischen Gesetzgebung daher umfassend reglementiert. Als Tierversuch gilt nach Art. 3 lit. c TSchG jede Massnahme, bei der lebende Tiere verwendet werden mit dem Ziel, eine wissenschaftliche Annahme zu prüfen, die Wirkung einer bestimmten Massnahme am Tier festzustellen, einen Stoff zu überprüfen, Zellen, Organe oder Körperflüssigkeiten zu gewinnen oder zu prüfen, artfremde Organismen zu erhalten oder zu vermehren sowie der Lehre und der Aus- und Weiterbildung zu dienen.
Neben den allgemeinen Grundsätzen von Art. 4 TSchG wird das Tierversuchswesen in Art. 17ff. TSchG und Art. 112ff. TSchV eingehend geregelt. Daneben hat das BLV eine Tierversuchsverordnung erlassen, die konkrete Ausführungsbestimmungen zur Haltung von Versuchstieren, Erzeugung, Zucht und Haltung gentechnisch veränderter Versuchstiere sowie zur Belastungserfassung enthält. Nach Art. 19 Abs. 4 TSchG ist ein Tierversuch unzulässig, wenn er beim Tier unverhältnismässige Schmerzen, Leiden, Schäden oder Ängste verursacht. Wer überdies einem Tier im Rahmen eines Versuchs Belastungen zufügt, die für den verfolgten Zweck nicht unvermeidlich sind, kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft werden (Art. 26 Abs. 1 lit. d TSchG).