Neuer TIR-Flyer: TIR fordert Verbot von Tierversuchen an Primaten
Nachdem das Bundesgericht 2009 zwei schwerbelastende Experimente mit Primaten am Institut für Neuroinformatik (INI) der Universität und ETH Zürich verboten hat, plant das gleiche Institut erneut Primatenversuche mit sehr ähnlichem Versuchsaufbau. Die zunächst erteilte Bewilligung wurde von Mitgliedern der Tierversuchskommission angefochten. Das kantonale Verwaltungsgericht hat die Experimente im April 2017 jedoch definitiv genehmigt. Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) kritisiert die geplanten Tierversuche scharf. In ihrem aktuellen Informationsflyer erläutert sie die rechtliche Regelung von Primatenversuchen und ihre Kritik am Entscheid des Zürcher Verwaltungsgerichts.
17.10.2017
Im Juli 2014 bewilligte das kantonale Veterinäramt ein Gesuch des INI zur Durchführung eines in der höchsten Belastungskategorie eingestuften Affenversuchs, mit dem grundlegende Daten über Hirnfunktionen gesammelt werden sollen. Rhesusaffen werden in der Hirnforschung verwendet, weil ihre Gehirnstruktur jener des Menschen weit näherkommt als jene anderer Tierarten. Zum Versuchsablauf gehört die Implantation von Elektroden ins Gehirn sowie einer Kopfhalterung am Schädel, die zur Fixierung der Makaken im sogenannten "Primatenstuhl" dient. Um die Tiere zur Kooperation am Experiment zu bewegen, ist zusätzlich eine strikte Wasserlimitierung vorgesehen. Während mehrerer Stunden täglich sollen die durstig gehaltenen Tiere mit fixiertem Kopf Aufgaben an einem Bildschirm lösen – und das Ganze über Monate bis Jahre hinweg. Der Tierversuch fällt entsprechend in die höchste Belastungskategorie und wird nicht "nur" von Tierschützern abgelehnt, sondern ist auch unter Fachleuten der Ethik, der Rechtswissenschaft, der Veterinärmedizin, der Biologie und der Neurowissenschaften höchst umstritten.
Drei Mitglieder der kantonalen Tierversuchskommission – darunter die stellvertretende TIR-Geschäftsleiterin Vanessa Gerritsen – rekurrierten daher gegen die veterinäramtliche Bewilligung und zogen das Verfahren bis vor das Zürcher Verwaltungsgericht. Dieses hat im April 2017 den Rekurs allerdings abgelehnt und die Primatenversuche damit definitiv bewilligt. Die TIR kritisiert den Entscheid des Verwaltungsgerichts scharf. Dieser steht in klarem Widerspruch zur höchstgerichtlichen Rechtsprechung. 2009 hatte das Bundesgericht zwei methodisch sehr ähnlichen Primatenversuchen die Bewilligung unter Hinweis auf die fehlende Verhältnismässigkeit zwischen der Belastung für die Tiere und dem Nutzen für die Forschung verweigert. Dabei wurde insbesondere
auch der verfassungsrechtlich verankerte Schutz der Würde der Versuchstiere berücksichtigt (siehe TIR-Newsmeldung vom 13.10.2009). Im vorliegenden Fall wurde die Güterabwägung – trotz vergleichbarer Ausgangslage – nun aber zulasten der betroffenen Primaten vorgenommen, womit deren erhebliche Belastungen für zulässig erachtet wurden.
Aus der Sicht des Tierschutzes ist das Urteil des Zürcher Verwaltungsgerichts höchst bedenklich. Für die Bewilligungspraxis von Tierversuchen bedeutet es einen massiven Rückschritt. Zudem setzt es ein völlig falsches Signal. So ist zu befürchten, dass in Zukunft wieder vermehrt entsprechende Gesuche für schwerstbelastende Primatenversuche eingereicht werden. Die TIR macht sich dafür stark, dass die rechtlich vorgeschriebene Güterabwägung in der Bewilligungspraxis ernst genommen und korrekt durchgeführt wird. Sie wird auch künftig öffentlich bekannt gewordene Tierversuchsvorhaben kritisch auf die Erfüllung der rechtlichen Anforderungen hin prüfen.
Aber auch die Bevölkerung und die Politik sind aufgerufen, sich klar für ein Verbot von schwerstbelastenden Tierversuchen an Primaten auszusprechen. Daher begrüsst die TIR die zahlreichen privat initiierten Aktionen gegen Primatenversuche wie beispielsweise Petitionen, Mahnwachen oder Demonstrationen sowie die von Nationalrätin Maya Graf eingereichte Motion für ein Verbot von belastenden Tierversuchen an Primaten.
Erfahren Sie mehr zur Thematik im aktuellen TIR-Informationsflyer "Keine Tierversuche an Primaten". Dieser kann hier als PDF heruntergeladen oder in Druckform bei der TIR-Geschäftsstelle bestellt werden.