Volksinitiative für gesamtschweizerische Tieranwälte eingereicht
Am 26. Juli 2007 wurde eine eidgenössische Volksinitiative zur Einführung von Tieranwältinnen und Tieranwälten in der Schweiz eingereicht. Die Stiftung für das Tier im Recht bzw. ihre Vororganisation hat sich vor mehr als 15 Jahren mit Erfolg für die Schaffung des kantonal-zürcherischen "Rechtsanwalts für Tierschutz in Strafsachen" stark gemacht. Sie begrüsst deshalb die Anstrengungen, dieses Erfolgsmodell auch auf andere Kantone übertragen zu wollen.
30.07.2007
Der Zürcher "Tieranwalt" vertritt die Interessen des Tieres in jedem Strafverfahren wegen Tierquälerei und anderen Tierschutzwidrigkeiten. Wie sich die Stiftung für das Tier im Recht zur Volksinitiative stellt, mit der eine gesamtschweizerische Einführung solcher Tieranwälte gefordert wird, geht u.a. aus dem folgenden, von Carola Gick vom Tages-Anzeiger (Rechtes Seeufer) geführten Interview (Langversion) hervor:
Der Schweizer Tierschutz hat eine Initiative zur Schaffung von Tieranwälten eingereicht. «Es wurde hoch gepokert», findet der Jurist und Tierfreund Antoine F. Goetschel aus Meilen.
Mit Antoine F. Goetschel* sprach Carola Gick
F: Herr Goetschel, in einer Volksinitiative fordert der Schweizer Tierschutz die landesweite Institutionalisierung des Tieranwaltes als eine Art Ombudsmann für Tiere. Sie wurde am Donnerstag in Bern übergeben und von Ihnen ideell unterstützt. Wünschen Sie sich Prozesse, wie wir sie aus Amerika kennen?
A: Ganz und gar nicht. Der Tieranwalt unterstützt die Staatsanwaltschaft bei der Untersuchung von Tierschutzwidrigkeiten. Aber ein übertriebener Aufwand wäre nicht sinnvoll. Ein Tier soll nicht unterbewertet, aber auch nicht überhöht werden.
F: Die «Würde der Kreatur» ist seit 1991 in der Schweizer Verfassung verankert. Was läuft denn falsch?
A: Niemand setzt sich für diese Würde des Tieres vor Gericht ein. Das ist falsch. Der Tieranwalt steht für das Tier auf und setzt sich für seine Interessen ein, wenn der Tierhalter das nicht macht.
F: In welchen Fällen käme der Tieranwalt zum Einsatz?
A: Meistens schreitet er ein, wenn es um Tierschutzwidrigkeiten vom Halter an seinem Vierbeiner geht. Es muss sich dabei nicht gerade um Tierquälerei handeln, auch Vernachlässigung verstösst gegen das Tierschutzgesetz.
F: Dann müssten Automobilisten also keinen langwierigen Prozess gegen den Tieranwalt fürchten, wenn sie eine Katze anfahren?
A: In diesem Fall könnte sich der Halter für die Interessen seines Tieres einsetzen. Der Tieranwalt klärt einzig, ob die Interessen zwischen Mensch und Vierbeiner auch tatsächlich übereinstimmen, und ob sich der Tierhalter angemessen dafür einsetzt.
F: Im Kanton Zürich gibt es seit 15 Jahren einen Tieranwalt. Welche Erfahrungen wurden seit dessen Einführung gemacht?
A:
Durchwegs positive. Der Tieranwalt wird durch die Ämter informiert,
wenn ein Verstoss gegen das Tierschutzgesetz angezeigt wird, und
begleitet das Verfahren. Die Leute auf den Ämtern nehmen ihre Arbeit
ernster, da sich jemand für die Rechte der Tiere einsetzt. In der Folge
wird das Gesetz besser vollzogen. Das belegen auch die Zahlen: 34,6
Prozent aller Tierschutzwidrigkeiten im Land passieren im Kanton Zürich.
Trotz der hohen Fallzahl werden sehr viele Gesetzesverstösse geahndet.
In einem landesweiten Ranking belegt Zürich Platz vier.
F: Als Jurist und Geschäftsleiter der «Stiftung für das Tier im Recht»
wären Sie prädestiniert für das Amt des Tieranwalts. Weshalb verteidigt
Markus Raess die Zürcher Tiere, und nicht Sie?
A: Ich habe mich
die letzten 15 Jahre mich weniger für Einzelfälle im Kanton Zürich
engagieren wollen, sondern auf breiter Ebene. So konnte ich mehr für die
Tiere bewirken. Ich habe noch viele Ideen: Mit dem Internet
(www.tierschutz.org) alle am Tier Interessierten erreichen, damit sie
ihr Wissen zu deren Schutz stark vermehren. Auch möchte ich mich für die
Einführung des Tieranwaltes in den Nachbarländern stark machen.
F: Das letzte Wort zur Institutionalisierung der Tieranwälte in der Schweiz hat das Volk. Wie beurteilen Sie die Erfolgschancen?
A:
Ich wäre glücklich, wenn die Initiative angenommen würde. Auf Grund des
notwendigen Ständemehrs wird es schwierig. Kantone, die den Tieranwalt
bisher abgelehnt haben, werden vermutlich auch dieses Mal so abstimmen.
Sollte das Nein dort aber allzu hoch ausfallen, so schadet dies unserer
Idee. Wenn die Initiative nicht angenommen wird, ist dieses Thema in
diesen Kantonen für einige Jahre auf Eis gelegt. Mit der Lancierung der
Volksinitiative haben die Initianten hoch gepokert.
*Antoine F.
Goetschel ist Geschäftsleiter der «Stiftung für das Tier im Recht». Der
48-jährige Jurist aus Meilen publiziert regelmässig und erreichte unter
anderem, dass «die Würde der Kreatur» in der Verfassung verankert wurde
und dass Tiere nicht mehr als Sachen behandelt werden.