Tieranwalt
Allgemeines
Tiere sind naturgemäss nicht in der Lage, ihre Interessen in Rechtsverfahren vor Behörden und Gerichten selbst zu vertreten. Die Wahrnehmung tierlicher Anliegen fällt in erster Linie in die Zuständigkeit der Verwaltung, die dieser Aufgabe in der Praxis namentlich mit Hilfe verschiedener Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden nachkommt. Auch in Strafverfahren wegen Verstössen gegen die Tierschutzgesetzgebung werden die Belange der betroffenen Tiere fast ausschliesslich von den staatlichen Untersuchungsbehörden wahrgenommen, womit die tierlichen Interessen aus der Sicht des Tierschutzes jedoch nur ungenügend gewahrt werden.
Vielmehr bedürfte es zusätzlich unabhängiger Vertreter im Sinne von Treuhändern oder Anwälten, die in behördlichen und gerichtlichen Verfahren stellvertretend für die Tiere ausschliesslich deren Interessen erkennen und durchsetzen.
Rechtliche Erfassung
Gemäss Art. 104 Abs. 2 StPO können Bund und Kantone Behörden, die öffentliche Interessen wahren, volle oder beschränkte Parteirechte einräumen. Als öffentliches Interesse gilt grundsätzlich auch der wirksame Vollzug der Tierschutzgesetzgebung. Der Kanton Zürich weist in § 17 des kantonalen Tierschutzgesetzes der zuständigen Direktion volle Parteirechte zu. Auf dieser Grundlage nimmt seit kurzem das kantonale Veterinäramt die tierliche Interessenvertretung in Tierschutzstrafverfahren wahr. Die durch diese Regelung entstandene Vermischung von Verwaltungs- und Strafrechtspflege ist nicht unbedenklich, weil die Veterinärdienste bei der strafrechtlichen Verfolgung von Tierschutzverstössen teilweise grosse Zurückhaltung an den Tag legen.
Ein angemessenes und erwiesenermassen bewährtes Modell wäre der Rechtsanwalt für Tierschutz in Strafsachen (kurz: Tieranwalt), wie er in Zürich von 1992 bis 2010 existiert hat. Er könnte mit zusätzlichen Kompetenzen im Bereich des Verwaltungsrechts ausgestattet werden und als der heutigen gesellschaftlichen Stellung von Tieren angemessene Vertretung agieren.