Tierschutzstrafpraxis 2013: TIR-Analyse zeigt massive kantonale Vollzugsunterschiede und legt den Schwerpunkt auf an Fischen begangene Tierschutzverstösse
Im Rahmen einer Medienkonferenz hat die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) heute ihre umfassende Analyse der Schweizer Tierschutzstrafpraxis 2013 präsentiert. Mit 1542 Tierschutzstrafverfahren wurde ein absoluter Höchstwert verzeichnet. Landesweit hat sich die Fallzahl in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Insgesamt werden Tierquälereien heute also nachweislich konsequenter verfolgt als früher. In vielen Kantonen besteht allerdings nach wie vor dringender Handlungsbedarf.
27.11.2014
Wie bereits in den Vorjahren liegen aus dem Kanton Bern mit 298 Fällen wiederum die meisten Strafverfahren vor. Hohe Fallzahlen melden erneut auch die Kantone Zürich (273) und St. Gallen (214). Der seit 2011 festzustellende Aufwärtstrend im Kanton Graubünden bestätigt sich erfreulicherweise auch 2013. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der geführten Tierschutzstrafverfahren von 70 auf 89. Dies entspricht gleich wie im Jahr 2012 einer Zunahme um 27 %. Dieser Anstieg ist insbesondere auf die Arbeit der seit 2010 bestehenden Fachstelle für Tierschutz zurückzuführen. Über spezielle Strukturen zur Verfolgung von Tierquälereien verfügen auch die Kantone Bern, St. Gallen, Graubünden, Zürich und Solothurn, die ebenfalls seit Jahren positive Ergebnisse aufweisen.
Konstante Zunahmen der Fallzahlen verzeichnen auch die Kantone Basel-Stadt und Luzern. In Basel-Stadt stieg die Zahl der Entscheide 2012 gegenüber dem Vorjahr um 400 % an und nahm 2013 erneut um 20 % zu. Zudem wurde von den 30 im Berichtsjahr geführten Strafverfahren kein einziges eingestellt oder nicht anhand genommen. Auch Luzern konnte 2013 gegenüber dem Vorjahr eine erneute Steigerung um 40 % verzeichnen.
In anderen Kantonen hingegen werden Tierschutzdelikte nach wie vor kaum verfolgt und bestraft. Sehr tiefe Fallzahlen liegen aus Glarus (2), Neuenburg (2), Genf (3), Jura (6) und Nidwalden (9) vor. Erfreulich ist jedoch, dass nun bereits im vierten Jahr in Folge kein einziger "Nuller-Kanton" zu verzeichnen ist.
Auch die Höhe der für Tierschutzverstösse ausgesprochenen Bussen und Geld- bzw. Freiheitsstrafen werden im aktuellen Gutachten analysiert. Der TIR-Bericht zeigt, dass die zuständigen Behörden den gesetzlichen Strafrahmen mit Bussen, die im Mittel bei 300 Franken liegen, und mit bedingten Geldstrafen, deren Mittelwert 20 Tagessätze beträgt, bei Weitem nicht ausschöpfen. Dadurch werden Tierschutzverstösse noch immer bagatellisiert. Etwas höher liegt der Mittelwert der Bussen in den Kantonen Aargau, Thurgau und Wallis mit je 400 Franken sowie jener der bedingten Geldstrafen in den Kantonen Zürich (43), Graubünden (30), St. Gallen (30) und Thurgau (30) und Aargau (25). Besonders tief waren die Bussen 2013 im Tessin mit einem Mittelwert von 100 Franken sowie in den Kantonen Basel-Stadt, Schaffhausen und Solothurn mit je 200 Franken.
Ein besonderes Augenmerk legt die TIR bei ihrer diesjährigen Studie auf die an Fischen begangenen Tierschutzverstösse sowie auf die rechtliche Erfassung der Fischhaltung. Die Analyse zeigt auf, dass die entsprechenden Haltungsvorschriften ungenügend sind und die an Fischen verübten Delikte von den zuständigen Behörden immer noch bagatellisiert werden. Obwohl in der Schweiz schätzungsweise elfmal mehr Fische gehalten werden als bspw. Rinder, werden pro Jahr rund siebenmal mehr Rinderfälle gemeldet als Fischfälle. Die eingeschränkte Mimik und Kommunikation der Fische sowie das fehlende Wissen der Halter über die Bedürfnisse der verschiedenen Fischarten führen dazu, dass eine Vielzahl von tierschutzrelevanten Handlungen an Fischen nicht zur Anzeige gebracht bzw. erst gar nicht bemerkt wird, weshalb von einer hohen Dunkelziffer nicht geahndeter Verstösse auszugehen ist. Behörden und Bevölkerung sind für die Bedürfnisse der Fische zu wenig sensibilisiert. Das TIR-Gutachten greift zudem weitere tierschutzrelevante Themen rund um die Fische auf, wie etwa das Aquafarming oder die Qualzuchtproblematik.
Vielerorts besteht im Tierschutzstrafvollzug noch immer dringender Handlungsbedarf. Es ist völlig inakzeptabel, dass gewisse Kantone verbindliches Gesetzesrecht fast schon systematisch ignorieren und Tierquälereien nicht konsequent verfolgen und bestrafen. In einem Forderungskatalog hat die TIR die acht wichtigsten Postulate für eine wirksame Strafpraxis im Tierschutzrecht aufgelistet.

Nora Flückiger und Christine Künzli
Weitere Informationen:
Medienecho Printmedien
Medienecho Onlinemedien
- zentral+ vom 3. Dezember 2014: "Kanton Luzern erntet Lob von Kritikern"
- fricktal24.ch vom 28. November 2014: "Zunahme der Strafverfahren wegen Tierquälerei"
- Tierschutznews vom 27. November 2014: "2013 Rekordjahr an Tierschutzdelikten in der Schweiz"
- 20 Minuten vom 27. November 2014: "Wer ein Aquarium will, soll eine Prüfung ablegen"
- Bluewin News vom 27. November 2014: "Mehr Strafverfahren wegen Tierquälerei"
- Blick.ch vom 27. November 2014: "Nicht alle Kantone verfolgen Tierquälerei gleich konsequent"
- Le Matin vom 27. November 2014: "Record de poursuites pour maltraitance envers les animaux"
- Südostschweiz.ch vom 27. November 2014: "In der Südostschweiz erhalten Tiere immer mehr Recht"
- Aargauer Zeitung vom 27. November 2014: "Nicht alle Kantone verfolgen Tierquälerei konsequent"
- Tribune de Genève vom 27. November 2014: "La Confédération va-t-elle exiger un permis pour aquarium?"
- RTS Info vom 27. November 2014: "Le nombre de procédures pénales pour maltraitance animale a atteint un record en 2013 avec 1542 cas"
- news.ch vom 27. November 2014: "TIR-Analyse zeigt massive kantonale Unterschiede"
- Ticinonline vom 27. November 2014: "Nuovo record di procedimenti per maltrattamenti su animali"
- Aquaristik Informationsportal vom 27. November 2014: "Fischführerschein in der Schweiz gefordert"
- AD HOC NEWS vom 27. November 2014: "Mehr Straffälle wegen Tierquälerei
- Neue Zuger Zeitung vom 27. November 2014: "Mehr Straffälle wegen Tierquälerei"
- RSI vom 27. November 2014: "Più cura per i diritti animali"
- Bote.ch vom 27. November 2014: "In der Südostschweiz erhalten Tiere immer mehr Recht"
- Giornale del Popolo vom 27. November 2014: "Nuovo record procedimenti per maltrattamenti su animali, TIR"
- rro.ch vom 27. November 2014: "Fortschritte in der Strafverfolgung von Tierquälerei"
- Radio Liechtenstein vom 27. November 2014: "In der Schweiz hat es im vergangenen Jahr erneut mehr Strafverfahren wegen Tierquälerei gegeben"
- Freiburger Nachrichten vom 27. November 2014: "Nicht alle Kantone verfolgen Tierquälerei gleich konsequent"
- LID.ch vom 27. November 2014: "Höchstwert an Tierschutzdelikten"
- Schweizer Landwirtschaft vom 27. November 2014: "Höchstwert an Tierschutzdelikten"
- Ticinonews vom 27. November 2014: "Nuovo record procedimenti per maltrattamenti su animali, TIR"
- tierwelt.ch vom 27. November 2014: Tierschutzdelikte - Kantone messen mit ungleichen Ellen
- schweizerbauer.ch vom 27. November 2014: Tierquälerei wird nicht gleich konsequent verfolgt