Pelz
Ausgangslage
Die Verwendung von Tierfellen für Bekleidungszwecke stellte ursprünglich ein existenzielles Grundbedürfnis dar. In den 80er-Jahren wurde das Tragen von Pelzen in der Öffentlichkeit zur Gewissensfrage deklariert, als bekannt wurde, unter welchen Bedingungen Pelztiere zur Herstellung extravaganter Kleidungsstücke gefangen beziehungsweise gehalten und getötet werden. Pelzprodukte dienten längst nicht mehr der Erfüllung eines praktischen Bedürfnisses, sondern in erster Linie als Statussymbol. Unzählige aufklärende Antipelzkampagnen haben in der Pelzindustrie zwischenzeitlich zu starken Verlusten und in der Öffentlichkeit zu verbreiteter Ablehnung gegenüber Pelzerzeugnissen geführt. Seit einigen Jahren hat der Import von Echtpelz jedoch wieder stark zugenommen. Heutzutage stehen nicht mehr die klassischen Pelzmäntel, sondern vielmehr Besätze an Kragen, Stiefeln und Mützen im Fokus. Das dahinterstehende Tierleid ist dadurch noch weniger sichtbar geworden. Hauptproduzent entsprechender Produkte ist heute Asien, primär China.
Die Haltungsvorschriften der Schweizer Tierschutzgesetzgebung verunmöglichen eine rentable Pelztierzucht, weshalb es in der Schweiz seit über 40 Jahren keine entsprechenden Betriebe mehr gibt. Auch die Verwendung der im Ausland bei der Pelztierjagd üblicherweise zur Anwendung kommenden Fallen wie Tellereisen, Totschlagfallen und Schlingenfallen ist hierzulande ausdrücklich verboten. Allerdings werden Pelzprodukte in grosser Zahl importiert. Seit 2014 müssen in der Schweiz verkaufte Pelzerzeugnisse zumindest deklariert werden. Der Hauptzweck der Deklarationspflicht liegt darin, dem Kunden Klarheit darüber zu verschaffen, von welcher Tierart ein bestimmtes Pelzerzeugnis stammt sowie wo und wie das Tier gehalten beziehungsweise getötet wurde. Weil die Kontrollen der Deklarationspflicht immer wieder zu gravierenden Beanstandungen geführt hatten, wurde die entsprechende Pelzdeklarationsverordnung bereits revidiert. Leider enthält sie jedoch nach wie vor eine Vielzahl von Vorschriften, die die angestrebte Transparenz für den Konsumenten stark einschränken und somit den Bemühungen, ihm eine bewusste Kaufentscheidung zu ermöglichen, zuwiderlaufen. Auch bestehen immer noch immense Defizite bei der Umsetzung der entsprechenden Vorschriften.
Idealbild von Tier im Recht (TIR)
Das Fangen oder Halten von Wildtieren zur Pelzgewinnung und das damit verbundene Töten gehören ausnahmslos verboten. Folgende Überlegungen führen zu dieser Konsequenz:
- Tiere haben einen Selbstzweck. Sie existieren um ihrer selbst willen, und nicht, um als Felllieferanten für den Menschen zu dienen. Diese Auffassung spiegelt sich auch im in der Schweiz sowohl auf Verfassungs- als auch auf Gesetzesebene verankerten Grundsatz der Achtung der Tierwürde wider.
- Pelzbekleidung ist heute entbehrlicher Luxus, unabhängig davon, ob es sich um eine teure Pelzjacke oder einen für den Durchschnittsbürger erschwinglichen Pelzbesatz handelt. Es gibt genügend Alternativen. Pelz als Kleidungsstoff kann daher schon längst nicht mehr als Grundbedürfnis angesehen werden. Den Tod von Tieren für ein Luxusprodukt in Kauf zu nehmen, ist in ethischer Hinsicht nicht zu rechtfertigen. Dies gilt umso mehr, als die Herstellung von Pelzerzeugnissen für die betroffenen Tiere mit massiven Leiden verbunden ist.
- Die Pelzindustrie verfolgt wie jedes Gewerbe finanzielle Interessen. Diese dürfen jedoch nicht Massstab für unseren Umgang mit Tieren sein. Die einzige Konsequenz, die sich aus dem Umdenken in der Mensch-Tier-Beziehung ergibt, besteht in der Ablehnung einer auf rein monetären Interessen gegründeten Ausbeutung und Tötung von Tieren.
- Auch der Erwerb von Produkten mit Pelzen, die von in der Schweiz gejagten Füchsen stammen, ist – wenngleich die den Tieren zugefügten Leiden bei den im Ausland üblichen Pelzgewinnungsmethoden als wesentlich schwerer einzustufen sind – ethisch höchst fragwürdig. Der Abschuss von jährlich 20'000 bis 35'000 Füchsen wird gemeinhin damit gerechtfertigt, dass die Bejagung des Fuchses notwendig sei, um dessen Bestand zu regulieren und das natürliche Gleichgewicht zu bewahren. Es ist jedoch wissenschaftlich belegt, dass die Jagd einen geringen Einfluss auf die Grösse der Fuchspopulation hat. Rückgänge im Bestand durch den Tod oder Wegzug einzelner Tiere werden in der Regel durch eine erhöhte Geburtenrate wieder ausgeglichen. Für die Populationsdichte sind in erster Linie das Futterangebot und die Bedingungen für die Jungtieraufzucht entscheidend. Insofern ist die Bejagung von Füchsen zur Bestandesregulierung nicht notwendig und damit ethisch nicht zu rechtfertigen.
Kurzfristig realisierbare Forderungen
Neben weiteren Tieren werden jedes Jahr 80 bis 100 Millionen Nerze und Füchse für Pelzprodukte getötet. Angesichts der zunehmenden Nachfrage fragt sich, ob das wiedererwachte Bedürfnis nach Fellbekleidung innerhalb nützlicher Frist durch weitere Aufklärung reduziert werden kann. Eine sofortige Schliessung sämtlicher Pelzfarmen erscheint angesichts des aufstrebenden asiatischen Markts und vor dem Hintergrund einer wachsenden Weltbevölkerung vorläufig als unrealistisch. Jedoch könnte der Ausbruch der Corona-Pandemie 2019 langfristig ein Umdenken im Umgang mit Wildtieren zur Folge haben. Nachdem im Jahr 2020 Millionen von Pelztieren aufgrund von Virusmutationen und Krankheitsübertragungen auf den Menschen vorsorglich getötet und mehrere Pelzfarmen in Europa und den USA vorübergehend geschlossen wurden, haben einige Länder – etwa die Niederlande oder Frankreich – ihren Ausstieg aus der Pelztierzucht angekündigt. Wie sich die Tendenz im asiatischen Raum entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Kurzfristig durchaus umsetzbar sind hingegen folgende Forderungen:
- Für Pelzprodukte, deren Herstellungsmethoden nach Massstab der Schweizer Tierschutzgesetzgebung als Tierquälerei zu qualifizieren sind, ist ein Importverbot zu erlassen. Tier im Recht (TIR) hat in einem ausführlichen Gutachten dargelegt, dass ein entsprechendes Einfuhrverbot nicht gegen die internationalen Verpflichtungen der Schweiz verstossen würde. In einem konkreten Rechtsfall, in dem es um ein Vermarktungsverbot von Robbenprodukten in der EU ging, haben die Rechtsprechungsgremien der Welthandelsorganisation WTO die Argumentation der TIR grundsätzlich bestätigt.
- Ein regelmässiger und unabhängiger Kontrolldienst sämtlicher Pelztierhaltungen ist heute noch immer nicht gewährleistet. Je nach Land oder Region unterstehen Pelzfarmen unterschiedlichen Regelungen. Die meisten asiatischen Länder verfügen nicht einmal über tierschutzrechtliche Minimalstandards. Es besteht somit dringender Handlungsbedarf in Bezug auf verbindliche staatenübergreifende und Transparenz schaffenden Vorschriften.
- Der Käufer soll über Herkunft, Tierart und Haltungsform aufgeklärt werden. Zwar besteht in der Schweiz seit 2014 eine Deklarationspflicht für Echtpelzerzeugnisse. Die entsprechende Pelzdeklarationsverordnung ist jedoch mangelhaft, hochgradig irreführend und wird nur ungenügend umgesetzt. So lässt sich beispielsweise für den Konsumenten aus Angaben wie "Herdenhaltung", "Rudelhaltung", "Käfighaltung mit Naturböden" oder "Käfighaltung mit Gitterböden" kaum ableiten, ob die Haltungsbedingungen aus Tierschutzsicht akzeptabel waren. Immerhin ist mittlerweile bei Fellen, die von Tieren stammen, die im Ausland mittels Fallen gejagt oder in Käfigen mit Drahtgitterböden gehalten wurden, klar zu vermerken, dass diese Praktiken in der Schweiz nicht zulässig sind. Allerdings dürfen Anbieter ihre Produkte mit "Herkunft unbekannt" deklarieren, wenn sie nicht wissen, wo diese herstammen. Die TIR ist der Meinung, dass von einem Händler erwartet werden darf, dass er das Land beziehungsweise den geografischen Raum, in dem ein Tier, dessen Fell er verkauft, gehalten respektive getötet wurde, nennen kann. Ist er hierzu nicht in der Lage, sollte er das betreffende Produkt auch nicht anbieten dürfen.
- Dem Verkaufspersonal kommt bei der Entscheidung, ein Produkt unter Berücksichtigung ethischer Aspekte zu kaufen, eine bedeutende Rolle zu. Stichproben von Behörden, Tierschutzorganisationen und Medien haben gezeigt, dass Konsumenten bei kritischen Fragen zur Pelzproduktion häufig gezielt in die Irre geführt und so zum Kauf animiert werden. Das Verkaufspersonal ist sorgfältig zu schulen und hat wahrheitsgetreu und umfassend über die zu deklarierenden Angaben zu informieren. Falsche Angaben sind konsequent zu sanktionieren.
- Aus Umweltschutzsicht ist unter anderem dem Problem der teilweise erheblichen Grundwasserbelastung durch abgeschwemmte oder aus tierseuchenrechtlichen Gründen bei den Sammelstellen nicht angenommene Jauche Beachtung zu schenken. Auch ist der vielseitige Einsatz von Chemikalien zur Seuchenbekämpfung, Steuerung der Fortpflanzung, Reinigung der Käfige und Bearbeitung der Felle nicht zu unterschätzen, nicht zuletzt, weil sie auch für die Arbeiter eine erhebliche Gefahr darstellen. Diesem Punkt ist künftig vermehrt Aufmerksamkeit zu widmen.
Antworten auf gängige Argumente von Pelzbefürwortern
- Felle sind die ältesten Bekleidungsstücke des Menschen. Pelz schenkt Lebensfreude, Wärme und Geborgenheit und verbindet uns mit der Natur.
Menschen sind für die Empfindungen und Bedürfnisse der Tiere längst sensibilisiert. Lebensfreude, Wärme und Geborgenheit sind zwar erwünscht, doch ist das Tragen eines Pelzes vielmehr mit Gefühlskälte und Rücksichtslosigkeit verbunden. Auch das Argument der Natürlichkeit von Pelz gibt heute nicht mehr viel her: 80 bis 85 Prozent der Felle stammen aus Pelzfarmen, in denen Haltung, Fütterung und Zucht alles andere als natürlich sind und die Fäkalien der Tiere die Umwelt stark belasten. Ausserdem kommt bei der Verarbeitung von Tierfellen eine Vielzahl gesundheitlich bedenklicher Chemikalien zum Einsatz. - Dank neuer Erkenntnisse in der Verhaltensforschung konnten Mängel in der Haltung von Pelztieren behoben werden, sodass die heutigen, unter strenger Kontrolle stehenden Pelzfarmen als artgerecht bezeichnet werden können. Verhaltensforschung und Gesetze haben ihren Teil zu dieser Entwicklung beigetragen.
Eine artgerechte Tierhaltung populärer Wildtiere wie Nerz und Fuchs ist aus Rentabilitätsgründen gar nicht möglich. Selbst die im internationalen Vergleich strengen schweizerischen Anforderungen an die Haltung dieser Tiere stellen absolute Minimalforderungen dar und markieren somit bloss die Grenze zur strafbaren Tierquälerei. Dennoch existieren in der Schweiz aufgrund dieser Regelung keine Pelzfarmen mehr. Dass Käfige mit Drahtboden und einer Grundfläche von meist weniger als einem Quadratmeter einem Wildtier keine artgerechten Bedingungen bieten können, versteht sich von selbst. Es kommt nicht von ungefähr, dass nach wie vor kein Label existiert, das verbindliche Mindeststandards hinsichtlich der Haltung, des Umgangs und der Tötung von Pelztieren festlegt. Die Mehrzahl der in die Schweiz importierten Felle stammt inzwischen aus asiatischer Produktion, vorwiegend aus China. Dort fehlen Tierschutzbestimmungen für Pelztiere sogar vollständig. - Die in Zuchten gehaltenen Tiere sind nicht mehr als Wildtiere, sondern als domestiziert anzusehen und somit den Haustieren zuzuordnen.
Das Verhalten der Pelztiere hat sich innerhalb der je nach Tierart zwischen 40 und gut 100 Jahre, in denen sie mittlerweile gezüchtet werden, nicht wesentlich verändert. Vielmehr verhalten sich beispielsweise freigelassene oder entlaufene Nerze praktisch wie ihre in Freiheit geborenen Artgenossen. Pelztiere sind somit klar zu den Wildtieren zu zählen. Zwar haben verschiedene Versuche gezeigt, dass es möglich wäre, den Domestikationsgrad von Füchsen und Nerzen in relativ kurzer Zeit erheblich zu steigern, wenn die Tiere gezielt auf Zahmheit gezüchtet würden. Allerdings geht dieser Prozess mit in der Pelzindustrie unerwünschten Fellveränderungen einher. Statt möglichst zahme und an den Menschen gewöhnte Tiere zu züchten, wird der Fokus bei der Pelztierzucht jedoch in erster Linie auf die Grösse, Farbe und Qualität des Fells gelegt und eine weitere Gewöhnung der Tiere an ein Leben in menschlicher Obhut damit verunmöglicht.
Die in Pelzfarmen herrschenden Bedingungen würden indessen auch für domestizierte Tiere eine grobe Tierquälerei darstellen. Selbst wenn Nerze und Füchse sich also an ein Leben in menschlicher Obhut gewöhnt und ihr Verhalten angepasst hätten, käme es noch immer zu krankhaften Verhaltensweisen, weil den Tieren selbst die Befriedigung elementarster Bedürfnisse verweigert wird.
- Pelztiere gelangen nur dann zu einem glänzenden und damit wertvollen Fell, wenn sie optimal gehalten werden. Der Zustand des Fells ist ein Indikator für das Wohlbefinden des Tieres. Pelztiere gehören weltweit zu den am besten betreuten Haus- und Nutztieren.
Ein glänzendes Fell kann Indikator für die Gesundheit eines Tieres sein. Für die Bestimmung des Wohlbefindens des einzelnen Tieres erweist sich dieser Indikator allerdings als sehr unzuverlässig. Pelztiere sind das lebendige Beispiel dafür, dass Leid und ein schönes Fell sich nicht ausschliessen. Verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen zu Tierhaltungen in Skandinavien und den Niederlanden haben gezeigt, dass 70 Prozent der in Zuchten gehaltenen Nerze unter psychischen Störungen leiden, die sich vor allem in stereotypem Verhalten äussern. Die Tiere sind dank medizinischer Behandlung körperlich in der Regel zwar gesund, leiden psychisch aber stark. Aufgrund der noch prekäreren Haltungsumstände ist davon auszugehen, dass die Situation in China – dem Hauptproduzenten erschwinglicher Pelzbesätze – sogar noch schlimmer ist. - Durch die Aufrufe von Tierschützern zum Boykott von Pelzbekleidung sind allein in Europa viele Tausend Arbeitsplätze gefährdet. Die Lebensgrundlage arktischer Völker, diverser indigener Stämme und unzähliger Trapper steht auf dem Spiel.
Die Pelzbranche hat im Hinblick auf ihren überwiegenden Teil, die Zuchtfarmen, keine lange Tradition. Nicht nur die Kritik von Tierfreunden erschwerte in früheren Jahren Pelzfarmern das Leben, sondern insbesondere die innerhalb der Branche stark verbreitete Wirtschaftskriminalität. Gerade die Pelzbranche hat im Übrigen massiv zu einem Abhängigkeitsverhältnis gewisser Volksstämme und somit letztlich zu deren Ausbeutung geführt. Bei den heutigen Trappern schliesslich handelt es sich zu 80 Prozent um Hobby-Trapper, für die der Pelzhandel ein Zusatzeinkommen darstellt.
© Tier im Recht, Juni 2021
Weitere Informationen
- Literatursuche in der Online-Datenbank der TIR-Bibliothek in Kategorie "Wildtiere: Pelztiere" oder mit dem Schlagwort "Pelz".
- TIR Schriftenreihe Band 16: Zulässigkeit von Beschränkungen des Handels mit tierquälerisch hergestellten Pelzprodukten
- Kampagne "Stopp Pelz!"