Animal Hoarding: Wenn gut gemeint nicht gut genug ist
Der Fall Ramiswil, bei dem über 160 Tiere in einem stark verwahrlosten Zustand vorgefunden wurden, zeigt exemplarisch, wie schmal der Grat zwischen Tierliebe und Tierleid sein kann. Vieles deutet darauf hin, dass hier das Phänomen des Animal Hoardings – das zwanghafte Sammeln von Tieren – eine Rolle gespielt haben könnte.
08.12.2025
Die Ursachen liegen meist in einer massiven Überforderung, die mit psychischen Belastungen wie Depressionen, Angststörungen, Sucht, ADHS oder Demenz einhergeht. Viele Betroffene leben isoliert und sehen in ihren Tieren einen Ersatz für menschliche Beziehungen. Die eigene Situation wird verdrängt und der Tierbestand wächst unkontrolliert.
In der Fachliteratur werden vier typische Hoarding-Profile unterschieden:
- Übertriebener Pfleger: sozial isoliert, lässt Vermehrung ausser Kontrolle geraten.
- Retter/Befreier: sammelt Tiere missionarisch; zeigt nach aussen oft ein anderes Bild.
- Züchter-Typ: beginnt mit gut gemeinter Zucht, verliert aber rasch den Überblick.
- Ausbeuter: Zeigt wenig Empathie, handelt manipulativ oder eigennützig.
Rechtlich erfüllt Animal Hoarding in der Regel den Tatbestand der Tierquälerei, da grundlegende Anforderungen an Haltung, Hygiene, Pflege und medizinische Versorgung nicht erfüllt werden. Verstösse können zu Bussgeldern oder Freiheitsstrafen führen. Die Zusammenarbeit mit den betroffenen Tierhaltenden gestaltet sich oft schwierig, da diese ihr Umfeld bewusst in die Irre führen – etwa, indem sie Tiere verstecken oder die tatsächlichen Zustände verschweigen. Der Fall Ramiswil macht deutlich, wie wichtig Sensibilisierung, frühes Hinschauen und Zivilcourage sind. Wer bei einem Menschen Anzeichen von Überforderung erkennt, sollte das Gespräch suchen und, wenn sich nichts verbessert, den Veterinärdienst oder die Polizei informieren.
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