Schweizer Eierkonsum im Fokus: TIR fordert mehr Tierwohl und bewussten Konsum
Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) zeigt sich besorgt über den anhaltenden Anstieg des Eierkonsums in der Schweiz und die Auswirkungen auf das Wohl der Legehennen. Aktuelle Zahlen belegen einen deutlichen Zuwachs des Pro-Kopf-Angebots in den letzten Jahren. Die TIR fordert daher ein Umdenken sowohl in der Eierwirtschaft als auch im Konsumverhalten.
17.04.2025
Der Eierkonsum in der Schweiz hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Im Jahr 2023 erreichte das Pro-Kopf-Angebot 189 Eier. Trotz einer beachtlichen inländischen Produktion von jährlich über 1,1 Milliarden Eiern – davon etwa 20% Bio – kann die Versorgung mit der steigenden Nachfrage nicht Schritt halten. Besonders vor Ostern spitzt sich die Situation zu, weshalb die Eierimporte bereits aufgestockt wurden (siehe Newsmeldung vom 13.03.2025).
Die steigende Nachfrage erfordert zudem eine Anpassung der inländischen Eierproduktion, was mit grosser Wahrscheinlichkeit zu Lasten der Tiere gehen wird. Dabei werden Hennen bereits jetzt auf eine maximale Legeleistung gezüchtet, sodass sie auch in den meisten Freiland- und Biobetrieben schon nach 12 bis 16 Monaten infolge der extremen Beanspruchung an Osteoporose, Organschäden oder anderen gesundheitlichen Problemen leiden. In der industriellen Eierproduktion werden sie daher frühzeitig getötet und durch neue, leistungsfähigere Tiere ersetzt. In freier Natur können Hühner bis zu zehn Jahre alt werden.
Neben der intensiven Zucht spielen auch die verschiedenen Haltungsformen eine wichtige Rolle für das Wohl der Tiere. Die Bodenhaltung ermöglicht es den Hennen zwar, sich frei im Stall zu bewegen, jedoch fehlt ihnen Zugang nach draussen. In der Schweiz ist je nach Alter und Grösse der Tiere sowie Haltungssystem eine Besatzdichte von sieben bis zu 20 Hennen pro Quadratmeter vorgesehen. In der Freilandhaltung haben Hennen täglich Zugang zu einer Weide, wobei pro Tier mindestens 2,5 Quadratmeter Auslauf vorgesehen sind. Um Verhaltensstörungen wie Federpicken und Kannibalismus zu verhindern, ist das leichte Kürzen der Schnabelspitze erlaubt. Die Bio-Haltung unterliegt strengeren Vorschriften: Hier sind maximal fünf Hennen pro Quadratmeter Stallfläche zulässig, wobei einem Tier mindestens fünf Quadratmeter Auslauf zur Verfügung stehen muss.
Unabhängig von der Haltungsform stellt das Töten männlicher Küken ein weiteres Problem der intensiven Nutztierhaltung dar. Seit 2020 ist in der Schweiz zwar das Schreddern lebender Küken verboten, jedoch wurden seitdem jährlich etwa zwei bis drei Millionen Tiere direkt nach dem Schlüpfen mit CO2 getötet.
Ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Situation ist die per Ende 2025 geplante Einführung der In-Ovo-Geschlechtsbestimmung. Diese Technologie ermöglicht es, das Geschlecht von Hühnerembryonen bereits im Ei zu bestimmen, bevor diese Schmerz empfinden können. Dadurch soll das Töten männlicher Küken unmittelbar nach dem Schlupf bald der Vergangenheit angehören. Die TIR begrüsst den Einsatz der In-Ovo-Technologie grundsätzlich als Fortschritt und fordert eine zügige Umsetzung.
Eine Alternative zum Kükentöten stellt die Bruderhahn-Aufzucht dar. Bei diesem von Bio Suisse entwickelten Konzept des Zweitnutzungshuhns werden männliche Küken, die aus Legelinien stammen, nicht getötet, sondern aufgezogen und als Fleischhühner verkauft.
Zur Osterzeit erreicht der Eierkonsum traditionell seinen Höhepunkt. Während Eier in der christlichen Tradition Synonym für neues Leben und Auferstehung sind, widersprechen der massenhafte Konsum und die oft rücksichtslose Produktion diesen Werten. Ethisch fragwürdig sind sodann auch andere Ostertraditionen, so beispielsweise der Verzehr von Osterlämmern oder das Einfärben und Ausstellen von Küken. Gerade zu Ostern sollten die Herkunft oder die Lebensbedingungen der Tiere eigentlich erst recht kritisch hinterfragt werden.
Die TIR fordert zum einen ein Umdenken in der Eierproduktion. Höhere Tierschutzstandards und kleinere Bestände können dazu beitragen, das Leid der Hennen erheblich zu verringern. Zum anderen sind die gesellschaftlichen Ernährungsgewohnheiten dringend zu überdenken. Die TIR appelliert daher an Konsumentinnen und Konsumenten, Eier aus tierfreundlicher Haltung zu wählen und pflanzliche Alternativen als Eiweissquellen in Betracht zu ziehen (siehe bereits Newsmeldung vom 13.03.2025).
Weiterführende Informationen:
- Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen: Tierschutz in der Geflügelhaltung
- Hintergrund zum Ausstieg aus dem Kükentöten von Bio Suisse
- Droht der Schweiz bis Ostern eine Eierknappheit? - News - SRF
- Bundesamt für Landwirtschaft BLW: Rückgang der Schweizer Eierproduktion und Anstieg der Importe
- TIR-Gutachten, Band 17 der Schriftenreihe
- Motion 20.3647 "Stopp dem Vergasen lebender Küken"
- Artikel der Migros (12.03.2025): Darum gibt es gerade Lücken in den Eierregalen | Migros
- Artikel von Schweizer Bauer (04.03.2025) : Mangel an Eiern: Was das für die Bauern heisst