TIR ruft zu Verbot für Tiertransporte in Tierschutz-Hochrisikostaaten auf
Immer wieder gelangen entsetzliche Bilder von unhaltbaren Zuständen im Rahmen internationaler Tiertransporte an die Öffentlichkeit, jüngst waren es unter anderem 69 hochträchtige Rinder aus Deutschland, die aus bürokratischen Gründen an der türkischen Grenze unter unvorstellbaren Qualen verendeten bzw. sinnlos getötet wurden. Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) macht auf die dringende Notwendigkeit aufmerksam, die EU-Regelungen für Tiertransporte zu überarbeiten.
16.12.2024
Was 69 Rindern im September und Oktober 2024 an der türkischen Grenze widerfahren ist, kann nicht angemessen in Worte gefasst werden. Eine ZDF-Dokumentation deckt ungeheures Tierleid auf. Dieses resultiert aus einem System, das den Transport lebender Tiere quer durch Europa aus rein wirtschaftlichen Gründen fördert und sogar systematisch subventioniert. Trotz bestehender Transportvorschriften kommt es regelmässig zu gravierenden Missständen, bei denen die betroffenen Tiere massiv leiden (siehe TIR-Newsmeldung vom 23.2.2024).
Das Problem ist weltweit verbreitet. Aber gerade Europa will hinsichtlich des Tierschutzes eine Vorreiterrolle übernehmen. Dennoch werden jedes Jahr Milliarden lebender Tiere auf der Strasse, auf dem Seeweg, mit der Eisenbahn oder per Flugzeug innerhalb der EU, in die EU oder aus der EU zu Aufzucht-, Mast-, Schlacht- oder anderen Zwecken transportiert (siehe die Analyse des Europäischen Rechnungshofs). Transporte in sogenannte Tierschutz-Hochrisikostaaten, wo Tierschutzstandards weitgehend unbekannt sind, erweisen sich dabei als besonders kritisch. Die gesetzlich erlaubten Transportzeiten werden in diesem Rahmen regelmässig überschritten, und es kommt aufgrund von Abfertigungsproblemen häufig zu langen Wartezeiten an EU-Aussengrenzen und Zollhäfen. Ausserhalb der EU mangelt es an geeigneten Kontroll- und Versorgungsstationen für die Tiere. Die Transportplanung ist häufig unzureichend, und Notfallpläne für Krisensituationen fehlen gänzlich. Tiere leiden unter extremen Wetterbedingungen, mangelhafter Versorgung und teils katastrophalen hygienischen Zuständen.
Dies führt immer wieder zu grausamer Tierquälerei, die aufgrund uneinheitlicher Durchsetzung der Vorschriften und unterschiedlicher Sanktionspraktiken in den EU-Mitgliedstaaten jedoch kaum kontrolliert, geschweige denn sanktioniert wird.
Angesichts der gravierenden Missstände bei Tiertransporten setzt sich die TIR für eine umfassende Reform der Transportpraktiken ein. Das übergeordnete Ziel ist es, die ethische Verantwortung gegenüber den Tieren in den Vordergrund zu rücken und ihre Würde als empfindungsfähige Lebewesen zu respektieren. Im Zentrum der Forderungen steht eine striktere Regulierung, die insbesondere ein Verbot von Transporten in Tierschutz-Hochrisikostaaten vorsieht. Zudem drängt die TIR auf eine deutliche Begrenzung von Langstreckentransporten und die Nutzung regionaler Schlachthöfe im Rahmen der Fleischproduktion.
Um die Einhaltung dieser Massnahmen sicherzustellen, ist eine Verschärfung der Rechtsgrundlagen und eine Ausweitung der Kontrollen vorzunehmen. In diesem Sinne hat sich die TIR in je einem Schreiben an Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft in Deutschland, sowie an Stella Kyriakides, EU-Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gewandt. Sie unterstützt damit die laufenden Bemühungen auf EU-Ebene, die Gesetzgebung zu Tiertransporten grundlegend zu überarbeiten. Eine Lösung kann nur durch ein fundamentales Umdenken im Umgang mit sogenannten Nutztieren erreicht werden: weg von der Betrachtung von Tieren als Handelsgüter hin zu einer Perspektive, die deren Würde und Wohlergehen in den Mittelpunkt stellt.
Weitere Informationen:
- ZDF-Dokumentation «Tiertransporte: Gefangen zwischen Grenzen» (Vorsicht: verstörendes Bildmaterial)
- Schreiben der TIR vom 27.11.2024 an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Berlin
- Schreiben der TIR vom 27.11.2024 an den Comissioner Health and Food Safety in Brüssel
- Lebendtiertransporte in der EU: Herausforderung und Chancen, Europäischer Rechnungshof, Analyse 03/2023