Vernehmlassung zu Pelzimportverbot und Deklarationspflichten für Tierprodukte – TIR und drei weitere Organisationen reichen gemeinsame Stellungnahme ein
03.07.2024
In ihrer Stellungnahme weisen die vier Organisationen jedoch auch auf verschiedene Mängel des geplanten Verbots hin. Aus Tierschutzsicht nicht nachvollziehbar ist etwa, dass Pelze von Tieren, die mit Schlagfallen gejagt wurden, gemäss den Erläuterungen des Bundesrates zum Verordnungsentwurf vom Importverbot ausgenommen sein sollen. Solche Fallen führen aufgrund ihrer unzuverlässigen Wirkungsweise nicht selten zu einem langsamen, schmerzhaften Tod der Tiere, weshalb ihr Einsatz als klar tierquälerisch zu bezeichnen ist. Ausserdem bergen sie ein hohes Risiko dafür, dass es zu Fehlfängen kommt, weshalb sie auch aus Artenschutzsicht bedenklich sind. Weiter ist zu kritisieren, dass laut den bundesrätlichen Erläuterungen in Bezug auf die Pelztierzucht konkret die Haltung von Tieren in Käfigen mit Gitterböden unter das Importverbot fallen soll. Ein solcher Anwendungsbereich wäre jedoch zu eng. Die Haltung von Pelztieren in engen Käfigen ohne Beschäftigungsmöglichkeiten ist auch dann als tierquälerisch einzustufen, wenn die Käfige über feste Böden verfügen. Zwar kommen in der Pelztierzucht momentan fast ausschliesslich Käfige mit Gitterböden zur Anwendung. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass das Importverbot nicht einfach dadurch umgangen werden kann, dass die Käfigböden künftig mit festen Materialien ausgelegt werden.
Hinsichtlich der geplanten Deklarationspflicht für importierte tierische Lebensmittel ist konkret vorgesehen, dass zum einen bei Rind-, Schweine-, Hühner- und Truthühnerfleisch, Hühnereiern und Froschschenkeln der Vermerk anzubringen ist, dass die Produkte mit schmerzverursachenden Eingriffen ohne Schmerzausschaltung gewonnen wurden, falls im Rahmen der Herstellung bestimmte, in der betreffenden Verordnung umschriebene Praktiken zur Anwendung gelangen. Zum anderen sollen Produkte aus der Stopfmast (beispielsweise Foie gras) mit dem Hinweis zu versehen werden, dass sie von zwangsernährten Gänsen bzw. Enten stamme.
Die vier Organisationen begrüssen in ihrer Stellungnahme die Kennzeichnungspflicht als Schritt in die richtige Richtung, erachten diese jedoch als nicht ausreichend. Ihrer Ansicht nach wäre aus Tierschutzsicht auch in Bezug auf die von der Deklarationspflicht betroffenen Produkte ein Einfuhrverbot angezeigt, da die entsprechenden Herstellungsmethoden nach Schweizer Massstab als klare Tierquälereien zu qualifizieren und dementsprechend hierzulande untersagt sind. Im Weiteren erscheint die Auswahl der unter die Deklarationspflicht fallenden Handlungen willkürlich. Sinnvoll wäre demgegenüber eine umfassende Deklaration tierschutzrelevanter Praktiken im Zusammenhang mit der Erzeugung tierischer Produkte.
Ein Schwachpunkt der vorgesehenen Deklarationspflicht liegt zudem in der Beweislastverteilung. So soll es den Behörden nur dann möglich sein, fehlende Kennzeichnungen zu beanstanden, wenn sie nachweisen können, dass die betreffenden Produkte tatsächlich mit einer kennzeichnungspflichtigen Methode gewonnen wurden. Hierfür müssten sie allerdings die im Ausland liegenden Produktionsbetriebe kontrollieren, was einerseits mit einem unverhältnismässigen Aufwand und anderseits mit rechtlichen Schwierigkeiten verbunden wäre. Eine seriöse Überprüfung der Einhaltung der Deklarationspflicht würde damit weitestgehend verunmöglicht. Die vier Organisationen fordern in ihrer Stellungnahme daher eine Regelung, nach der die Beweislast bei den Verkaufsstellen liegt. Diese sollen also den Nachweis erbringen müssen, dass nicht deklarierte Produkte tatsächlich ohne die anzugebenden tierquälerischen Methoden gewonnen wurden.
Die vollständige Stellungnahme zu den geplanten Verordnungsänderungen finden Sie hier. Im Sinne des Tierschutzes hoffen die vier Organisationen auf eine möglichst weitgehende Berücksichtigung ihrer Vorschläge und Anregungen.
Weitere Informationen:
- Gemeinsame Stellungnahme der Organisationen Zürcher Tierschutz, Vier Pfoten, Schweizer Tierschutz STS und TIR
- Vernehmlassungsunterlagen
- Tierschutz-Factsheet zur Stellungnahme in Deutsch und Französisch
- Medienmitteilung des Bundesrats vom 10.4.2024: "Pelz- und Stopfleber-Initiative: Bundesrat empfiehlt Ablehnung"
- Kampagnenseite "Stopp Pelz" mit weiteren Informationen rund um das Thema Pelz
- Rüttimann Andreas/Gerritsen Vanessa/Blattner Charlotte, Zulässigkeit von Beschränkungen des Handels mit tierquälerisch hergestellten Pelzprodukten, Schriften zum Tier im Recht, Band 16
- Stohner Nils/Bolliger Gieri, GATT-rechtliche Zulässigkeit von Importverboten für Pelzprodukte, Schriften zum Tier im Recht, Band 4
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