TIR kritisiert Tierquälerei-Urteil des Zürcher Obergerichts vom 13. Oktober 2020
Das Obergericht des Kantons Zürich hatte sich im Oktober 2020 mit dem Transport eines hochträchtigen und schwer verletzten Rindes zu befassen. Aus der Sicht der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) – und im Gegensatz zur Auffassung des Zürcher Obergerichts – war vorliegend der Tatbestand der Tierquälerei klar erfüllt. In einer Stellungnahme hat sich die TIR eingehend mit der Argumentation des Obergerichts auseinandergesetzt und grundsätzliche Mängel bei der Anwendung und Auslegung des Tierschutzstrafrechts festgestellt.
19.03.2021
Im Bereich des strafrechtlichen
Tierschutzvollzugs führt die TIR eine Datenbank, die sämtliche dem
Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) gemeldeten
Schweizer Strafentscheide im Bereich des Tierschutzrechts umfasst und
den Behörden als wichtige Vollzugshilfe dient. Gestützt auf dieses
Fallmaterial veröffentlicht sie jedes Jahr eine umfassende Analyse der
Schweizer Tierschutzstrafpraxis. Dabei setzt sie sich auch auf
materiellrechtlicher Ebene mit den Entscheiden auseinander und weist in
ihrem Gutachten somit nicht nur quantitative, sondern auch qualitative
Daten bzw. Informationen aus. Die jährlichen Gutachten zeigen, dass sich
der gesamtschweizerische Vollzug des Tierschutzstrafrechts in den
letzten 20 Jahren deutlich verbessert hat und Straftaten an Tieren immer
häufiger untersucht und sanktioniert werden. Dennoch besteht bei der
Umsetzung des Tierschutzstrafrechts nach wie vor erheblicher
Handlungsbedarf. So werden Tierschutzdelikte von den zuständigen
Behörden noch immer bagatellisiert und fehlt es den Strafverfolgungs-
und Gerichtsbehörden nicht selten an ausreichenden Kenntnissen im
Bereich des Tierschutz(straf-)rechts.
Die jährlichen Gutachten der TIR zur Schweizer Tierschutzstrafpraxis können hier kostenlos eingesehen werden.
Im Sinne der dringend angezeigten Weiterentwicklung des Vollzugs des schweizerischen Tierschutzstrafrechts erlaubt sich die TIR, zu ausgewählten Tierschutzstrafentscheiden oder verwaltungsrechtlichen Tierschutzverfahren Stellung zu nehmen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. Oktober 2020 betreffend Tierquälerei (Transport eines hochträchtigen, festliegenden Rindes) hat in der Gesellschaft und in den Medien für grosse Aufmerksamkeit gesorgt. Der Entscheid wurde der TIR vom BLV im Rahmen ihrer jährlichen Analyse der Schweizer Tierschutzstrafpraxis in anonymisierter Form zugestellt. Im genannten Urteil hatte sich das Obergericht mit dem vom zuständigen Bestandestierarzt genehmigten Transport eines hochträchtigen und schwer verletzten Rindes zum Schlachthof zu befassen. Dabei erfolgte eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Tatbestandsvarianten des Tatbestands der Tierquälerei gemäss Art. 26 TSchG, insbesondere mit der Missachtung der Tierwürde (lit. a) und der damit verbundenen Güterabwägung. In einer kritischen Urteilsbesprechung hat sich die TIR mit dem Entscheid des Obergerichts auseinandergesetzt und verschiedene Mängel bei der Anwendung und Auslegung der Tierschutzstrafbestimmungen durch das Obergericht festgestellt. Ebenfalls kritisch untersucht wurde der vom Obergericht im vorliegenden Fall angewendete Beweiswürdigunsgrundsatz "in dubio pro reo". Die vollständige Urteilsbesprechung finden Sie hier.