TIR erstattet Strafanzeige: Tierschutzrecht gilt auch für Fische!
Fische sind empfindungsfähige und von der Tierschutzgesetzgebung geschützte Tiere. Dennoch sind problematische und mitunter grausame Umgangsformen mit ihnen keine Seltenheit. Offenkundige Tierquälereien werden oftmals nicht erkannt oder aber bagatellisiert. Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) hat in einem dokumentierten Fall nun Strafanzeige wegen unsachgemässer Behandlung einer Forelle eingereicht.
04.03.2021
In Übereinstimmung mit verschiedenen Fachpersonen geht die TIR davon aus, dass der Straftatbestand der Tierquälerei vorliegend erfüllt ist. Zwar ist dem Bericht nicht zu entnehmen, was genau mit der Forelle geschehen ist, sämtliche denkbaren Szenarien lassen jedoch darauf schliessen, dass dem Tier unverhältnismässige Belastungen zugefügt wurden. Aus diesem Grund hat die TIR Strafanzeige gegen den Autor des Berichts und einen weiteren mutmasslichen Täter eingereicht.
Fische verfügen an ihrem Körper über Sinnesorgane. Hervorzuheben ist hierbei insbesondere das hochempfindliche Seitenliniensystem, mit dem die Tiere Erschütterungen, Strömungen und Töne im Wasser entlang ihrer Kopf- und Körperoberfläche wahrnehmen. Die Fischhaut verfügt zudem über Haarsinneszellen, die beim Verbiegen der feinen haarigen Fortsätze ein Nervensignal erzeugen und auf chemische Substanzen, Wärme und Druck reagieren. Die Wissenschaft geht davon aus, dass sie in Bezug auf die Schmerzempfindung von Fischen bedeutend sind. Die Hautzellen produzieren einen antibakteriell wirkenden Schleim, der Kiemen und Haut sauber hält und vor Parasiten und Krankheitserregern schützt (zum Ganzen siehe ausführlich hier). Die Berührung des Fisches mit trockenen oder rauen Oberflächen verletzt die äussere Schleimschicht, was im Falle eines Zurücksetzens des Fisches mit einem hohen Verpilzungsrisiko einhergeht und in vielen Fällen zu einem qualvollen Verenden des Tieres führt.
In ihren Erwägungen zur Strafanzeige spielt die TIR verschiedene mögliche Konstellationen durch: Denkbar ist etwa, dass der Fisch zwecks Entnahme gefangen und nach dem Fotografieren getötet wurde: Fische sind jedoch unverzüglich zu töten, Belastungen sind auf das unerlässliche Mass zu reduzieren.
Nach einem zweiten möglichen Szenario wurde der Fisch zwecks Entnahme gefangen, aber aufgrund rechtmässigen Ermessens des Fischers lebend zurückversetzt. Gemäss Fischereigesetzgebung ist hierbei auf den ökologischen Wert eines als lebensfähig beurteilten Tieres abzustellen. Wegen des Haltens der Forelle mit trockener Hand – ein Vorgehen, das unbedingt vermieden werden muss und in jedem Sachkundekurs entsprechend vermittelt wird – und der damit einhergehenden Beschädigung der schützenden Schleimschicht auf der Fischhaut ist eine in der Regel letal verlaufende Pilzerkrankung des Fisches praktisch vorprogrammiert. Hinzu kommt, dass der sichtbare Handgriff zum Zwecke der Fixierung des Fisches für das Foto eindeutig unsachgemäss ist und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu inneren Blutungen geführt hat. Darüber hinaus ist das Risiko eines nicht regenerierbaren Sauerstoffmangels durch den Prozess des Fotografierens und die entsprechend benötigte Zeit ausserhalb des Wassers überaus hoch. In der Folge wäre von einem qualvollen Verenden des zurückgesetzten Fisches auszugehen, was einer qualvollen Tötung entsprechen würde. Hinzu kommt, dass dem Tier zusätzlich unnötiges Leiden (Druck auf innere Organe, übermässiger Stress) aufgrund des Fotografie-Prozederes zugemutet worden ist.
Im dritten möglichen Fall wurde die Forelle allein für die Erstellung einer Fotografie gefangen und lebend zurückversetzt: Hierbei würde es sich um einen verbotenen Fall von "catch & release" handeln, was klar als Tierquälerei zu qualifizieren wäre.
Die zuständige Staatsanwaltschaft hat den Erhalt der Strafanzeige bestätigt und Ermittlungen eingeleitet. Die TIR hofft, dass die Beschuldigten angemessen zur Rechenschaft gezogen werden und dem gesetzlich verankerten Schutz von Fischen damit Nachachtung verschafft wird.