TIR-Kalender 2019 – Tierschutzrechtliche Frage im Oktober
Der beliebte TIR-Kalender 2019 enthält nicht nur wunderbare Tierfotos, sondern beantwortet auch jeden Monat eine Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Mensch-Tier-Beziehung. Der Oktober beschäftigt sich mit der Frage, ob Tierärzte verpflichtet sind, bei Tierschutzverstössen Anzeige zu erstatten.
14.10.2019
"Neulich habe ich mich mit einem befreundeten
Tierarzt über Tierschutz und Tierquälereien unterhalten. Er sagte mir,
dass Tierärzte nicht zwingend Strafanzeige erstatten müssten, wenn sie
von einem Tierschutzverstoss Kenntnis erlangen. Stimmt das? Ich dachte
immer, es bestünde eine solche Pflicht."
Tatsächlich besteht für Privattierärzte keine gesetzliche Pflicht, ihnen bekannt gewordene Tierschutzverstösse zu melden. Sie müssen festgestellte oder vermutete Tierschutzdelikte daher ebenso wenig anzeigen wie Privatpersonen – nicht einmal in Fällen von gravierenden Misshandlungen oder anderen Tierquälereien. Tierquäler gehen mit ihren Opfern oftmals nicht zum Tierarzt. Stellt ein Privattierarzt dennoch einmal ein Tierschutzdelikt fest, liegt das Dilemma für ihn meist darin, dass der Tierhalter – also sein Kunde – selbst der Täter ist. Eine Strafanzeige wäre für die weitere Geschäftsbeziehung natürlich kaum förderlich. Zudem will der Tierarzt ganz sicher sein, dass sein Verdacht zu Recht besteht und er keinen Klienten, der ihn vertrauensvoll aufgesucht hat, zu Unrecht denunziert.
Im Namen der Tiere, die sich weder wehren noch eine Strafanzeige einreichen können, ist jedoch dringend an die berufsethischen Pflichten des Tierarztes zu appellieren. Um Tierquäler von weiteren Straftaten abzuhalten, sollten Tierärzte ihnen bekannt gewordene Tierschutzverstösse konsequent zur Anzeige bringen, solange es sich nicht um blosse Bagatellen handelt. Anders ist die Rechtslage übrigens bei Amtstierärzten: Sie haben gemäss Tierschutzgesetz eine ausdrückliche Anzeigepflicht bei festgestellten Tierschutzdelikten. Nur bei leichten Verstössen dürfen sie von einer Strafanzeige absehen, wobei diese Ausnahme nur für absolute Bagatellübertretungen gilt.