Rechtslage zur Tötung überzähliger Tiere
Die aktuelle Diskussion um die Tötung der beiden Bärenjungen Urs und Berna (Bärenpark, Kanton Bern) stellt ein anschauliches Beispiel für den im schweizerischen Recht fehlenden, jedoch dringend notwendigen allgemeinen Lebensschutz für Tiere dar. Christine Künzli von der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) erläutert die entsprechende Rechtslage im Internet-TV "VJii" und spricht sich dabei für einen juristischen Lebensschutz von Tieren aus.
30.07.2010
Das Schweizer Tierschutzgesetz (TSchG) schützt das Wohlergehen und die Würde des Tieres, einen grundsätzlichen Schutz des Lebens kennt das TSchG indessen nicht. Entsprechend ist es hierzulande erlaubt, sein eigenes Tier zu töten, sofern die Tötung nicht qualvoll oder mutwillig erfolgt, selbst wenn das Tier kerngesund ist. Das einschränkende Element des Mutwillens wird in der Schweizer Rechtsprechung sehr eng gefasst und restriktiv ausgelegt. So ist etwa das Töten aus Langeweile, zu Unterhaltungszwecken oder aus Boshaftigkeit als mutwillig zu bezeichnen und entsprechend verboten. Die Tötung der beiden Jungbären Urs und Berna würde daher wohl gemäss Schweizer Praxis keine Tötung aus Mutwilligkeit darstellen.
Im Gegensatz zur rechtlichen Situation in der Schweiz sieht das Deutsche Tierschutzgesetz in §17 vor, dass die Tötung eines Tieres nur dann zulässig ist, wenn ein "vernünftiger Grund" vorliegt. Der vernünftige Grund ist eine Ausprägung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes und des Güterabwägungsprinzips und stellt ein Abwägungsinstrument für das Spannungsverhältnis zwischen den Nutzungsinteressen des Menschen am Tier und dem Tierschutz dar. Als vernünftige Gründe werden etwa die Lebensmittelgewinnung, die Gefahrenabwehr oder der sog. Gnadenschuss (schwer verletztes, leidendes Tier) ins Feld geführt.
Gesellschaft und Recht tolerieren das Töten von Tieren in unzähligen
Bereichen; dies insbesondere im Zusammenhang mit Tierversuchen,
Schlachtungen, Markt- oder Bestandesregulierungen, der
Tierseuchenbekämpfung oder der Zucht von Heim- und Nutztieren, bei der
immer wieder nicht erwünschte bzw. nicht platzier- oder "verwendbare"
Jungtiere (Welpen, Kätzchen oder männliche Eintagsküken etc.) getötet
werden.
Wie die aktuelle Situation im Bärenpark in Bern zeigt,
widerfährt dasselbe Schicksal auch vielen überzähligen Zootieren. Aus
diesen Gründen spricht sich die Stiftung für das Tier im Recht (TIR)
seit Jahren für einen allgemeinen Lebensschutz von Tieren aus und
begrüsst daher die aktuelle Diskussion des Themas in der Schweizer
Bevölkerung.