Verwenden lebender Tiere in der (Polit-)Werbung bewilligungspflichtig
Wer lebende Tiere ohne Bewilligung zu Werbezwecken einsetzt, macht sich strafbar. Diese Bestimmung gilt für alle - auch für politische Parteien.
Wer lebende Tiere zu Werbezwecken einsetzen will, bedarf nach schweizerischem Recht einer Bewilligung. Im Rahmen des Bewilligungsverfahrens prüft das kantonale Veterinäramt, ob einem für Werbezwecke eingesetzten Tier während seiner Verwendung keine Schmerzen, Schäden, Leiden oder Ängste zugefügt werden und ob es nicht in seiner Würde verletzt wird. Wer sich nicht um diese Bewilligung kümmert, macht sich strafbar.
15.01.2007
Eine Schweizer Partei hat einen Geissbock zu seinem Glücksbringer während des Wahljahres 2007 ausgesucht und bereits an verschiedenen Veranstaltungen eingesetzt. Zahlreiche weitere Auftritte stehen dem Tier noch bevor. Recherchen haben ergeben, dass hierfür nicht um eine erforderliche Bewilligung nachgesucht worden ist.
Die Stiftung für das Tier im Recht als ein auf Rechtsfragen rund um das Tier spezialisiertes Kompetenzzentrum hat deshalb am 12.1.2007 beim für den Tierhalter örtlich zuständigen Statthalter Strafanzeige eingereicht. Im Rahmen dieses Verfahrens wird zu prüfen sein, ob die Einsätze mit dem Tier zu "Werbezwecken" im Sinne des Gesetzes zu beurteilen sind und ob hierfür tatsächlich keine Bewilligung eingeholt worden ist. Verschiedene frühere Entscheidungen legen die Vermutung nahe, dass die Anforderungen an eine Strafbarkeit der für die zahlreichen Einsätze Verantwortlichen gegeben sind.
Während sich die Schweiz mit einer Bewilligungspflicht begnügt, ist etwa in Deutschland das "Heranziehen" eines Tieres zu "Werbung oder ähnlichen Veranstaltungen, sofern damit Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind" ausdrücklich verboten (§ 3 Nr. 6 TierSchG/BRD). In Deutschland wie in der Schweiz wird von dieser Bestimmung auch der "Einsatz von Tieren zu Werbezwecken im Rahmen politischer Propaganda" erfasst (vgl. Ort/Reckewell, in Kluge (Hrsg.), Tierschutzgesetz - Kommentar, Kohlhammer-Verlag, 2002, N 64 zu § 3, S. 150).
Politischen Parteien kommt im Umgang mit Recht und Gesetz
Vorbildcharakter zu. Eine Begründung, wonach eine Bestimmung unnötig sei
und deshalb umgangen werde, mutet merkwürdig an und setzt ein falsches
Signal an alle Bürgerinnen und Bürger, die sich getreu an das Gesetz
halten.
Ob die Partei zumindest nachträglich für die früheren und nun für die bevorstehenden Auftritte um eine Bewilligung nachsuchen wird, ist noch offen. Auch ob und - falls ja - unter welchen Bedingungen und Auflagen eine solche erteilt wird. Schliesslich könnte ein Tier, wenn es zum Werbeträger degradiert und von Veranstaltung zu Veranstaltung gekarrt und um seine Sozialkontakte mit Artgenossen gebracht wird, auch in seiner verfassungsmässig geschützten Würde verletzt sein.
- "SP und SVP vereint im Werbepech" Artikel werbewoche vom 14.01.2007
- Artikel Basler Zeitung vom 16.01.2007
- Artikel Blick Online vom 14.01.2007
- Artikel NZZ am Sonntag vom 14.01.2007
- Tele Züri Beitrag 14.01.2007: Anzeige wegen SVP-Wahlkampfgeiss Zottel
- "E-Mail der Woche" Artikel NZZ vom 7.01.2007
- Zottel Strafanzeige (anonymisiert)
- Tierschutzrecht Werbung
- Widerrechtliche Werbung mit Tieren
- Artikel Zürichsee-Zeitung rechtes Ufer vom Dienstag 16.01.2007