Medienmitteilung: Revidierte Tierschutzbestimmungen treten am 1. Februar 2025 in Kraft
Am 1. Februar 2025 treten die revidierten Bestimmungen verschiedener Verordnungen im Bereich des Tierschutzes in Kraft. Die Änderungen betreffen den Umgang mit Heim- und Nutztieren wie auch mit Sport- und Versuchstieren. Der Bundesrat bezweckt, die Tierschutzgesetzgebung damit an den aktuellen Wissensstand anzupassen. Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) begrüsst die Änderungen, stuft das Schweizer Tierschutzrecht insgesamt aber weiterhin als Kompromisslösung zulasten der Tiere ein und kritisiert, dass wesentliche Aspekte des Tierwohls weiterhin ungenügend berücksichtigt werden.
Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) hatte im November 2023 die Vernehmlassung zur Revision mehrerer Erlasse im Tierschutzbereich eröffnet. Die Tierschutzverordnung, die Tierversuchsverordnung sowie weitere Verordnungen wurden in Teilen überarbeitet. Die TIR reichte im März 2024 eine kritische Stellungnahme ein, von der einige Punkte in die endgültigen Anpassungen einflossen. Die revidierten Bestimmungen betreffen Tiere aus unterschiedlichen Lebensbereichen.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
Schutz von Hundewelpen gegen verantwortungslosen Handel
Ab dem 1. Februar ist die gewerbsmässige Ein- und Durchfuhr von Hundewelpen, die jünger als 15 Wochen sind, verboten. Dasselbe gilt für die wenige Wochen alten Welpen, die direkt nach ihrer Einfuhr ins Eigentum einer Drittperson übertragen werden sollen. Damit will der Gesetzgeber dem verantwortungslosen Hundehandel entgegentreten und die in der Schweiz geltenden Regelungen jenen ihrer Nachbarstaaten anpassen. Die bisherige Praxis führte oftmals dazu, dass Jungtiere mangels ausgebautem Immunsystem und langer Transportwege krank am Zielort eintrafen. Die private Einfuhr von jünger als
15 Wochen alten Welpen bleibt hingegen weitestgehend erlaubt
Strengere Vorschriften bei den Equiden
Hinsichtlich des Umgangs mit Equiden wird der Verbotskatalog zum Einsatz bestimmter Hilfsmittel erweitert. Verboten sind neu Zäumungen mit gezähnten, einschneidenden, quetschenden oder harten Bestandteilen, wie Nasenbügel und Kappzäume mit Metall, die ungepolstert auf dem Nasenbein aufliegen. Ebenso unzulässig ist der Einsatz von gedrehten oder scharfkantigen Gebissen wie Draht- oder Kettentrensen. Angestossen wurde die Ausweitung des Verbotskatalogs mit der Motion "Keine tierquälerischen Hilfsmittel im Pferdesport" von Nationalrätin Meret Schneider (GP/ZH), die in enger Zusammenarbeit mit der TIR erarbeitet und im Oktober 2021 eingereicht wurde. Weiter gilt neu, dass der für Equiden zwingend zu gewährende Sozialkontakt sich auf einen Artgenossen beziehen muss. Dies bedeutet etwa, dass Esel rechtlich nicht mehr als ausreichende Sozialpartner von Pferden gelten.
Anpassungen im Bereich der Nutztierhaltung
Die Elektrobetäubung von Kaninchen ist nun explizit verboten, während die Betäubung durch niedrigen Atmosphärendruck (LAPS) bei Geflügel neu zugelassen ist. Schweine können zusätzlich zu CO2 mit besser geeigneten Gasmischungen betäubt werden. Für Panzerkrebse ist die mechanische Zerstörung des Gehirns als Betäubungsmethode nicht mehr erlaubt.
Verbot des Schwanzkürzens bei Schafen
Die Praxis, Schafen den Schwanz ohne vorherige Schmerzausschaltung zu kürzen, ist künftig generell verboten, wie dies bei vielen anderen Tierarten bereits seit langem der Fall ist. Um Schafzüchtenden die Möglichkeit für züchterische Massnahmen für kürzere Schwänze zu geben, wurde für das Inkrafttreten des Verbots allerdings eine Übergangsfrist von 15 Jahren, d.h. bis ins Jahr 2040, festgelegt. Bis zu deren Ablauf bleibt das Schwanzkürzen bei Schafen unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.
Schrittweiser Ausstieg aus der Kükentötung
Das Homogenisieren von Embryonen ist neu ab dem Zeitpunkt, in dem eine Schmerzempfindung vorhanden sein könnte, verboten. Gemäss dem aktuellen Wissensstand kann bewusster Schmerz ab dem 13. Tag der Entwicklung des Embryos im Ei nicht ausgeschlossen werden, weshalb die Vernichtung des Eis bis und mit Tag 12 erlaubt bleibt. Die hierfür notwendige frühzeitige Geschlechtsbestimmung des Embryos im Ei ist heute möglich.
Neuerungen im Tierversuchsrecht
Neu dürfen nur noch so viele Tiere gezüchtet werden, wie für die Durchführung von Versuchen notwendig sind. Die Zuchten sind entsprechend zu planen. Zudem dürfen Versuchstiere belasteter Linien, deren Belastungen durch Massnahmen nicht vollständig vermieden werden können, neu erst gehalten und gezüchtet werden, wenn für ihren Einsatz eine Tierversuchsbewilligung vorliegt. Eine Zucht auf Vorrat ist somit verboten. Erwiesenermassen belastende Praktiken, wie etwa das Aufheben von Mäusen und Ratten am Schwanz, müssen durch modernere technische Methoden ersetzt werden. Erwähnenswert ist auch die Ausdehnung zulässiger Versuchsziele auf die 3R-Forschung. Für belastende Tierversuche, die dem Ersatz, der Reduzierung und der Verbesserung von Tierversuchen dienen, können damit bald ebenfalls Bewilligungen ausgestellt werden.
Höhere Ausbildungsstandards im Veterinärbereich
Personen, die täglich mehr als fünf Tiere betreuen, müssen künftig eine Weiterbildung absolvieren. Anbieter fachspezifischer berufsunabhängiger Ausbildungen müssen entweder eine behördliche Beauftragung oder eine Zertifizierung im Bereich Erwachsenenbildung vorweisen. Die Kontrolle der Ausbildungsstätten obliegt dem BLV.
Forderungen der TIR
Die verschiedenen Verordnungsveränderungen zugunsten des Tierwohls sind zweifellos zu begrüssen. Aus der Sicht der TIR gehen die Teilrevisionen indes zu wenig weit. Insbesondere die Tierhaltungsbestimmungen bedürfen längst einer grundlegenden Überarbeitung. So bestehen beispielsweise weiterhin erhebliche Mängel in Bezug auf die Bewegungsfreiheit von Tieren und die Gewährung von Sozialkontakten, was im Alltag der Tiere massive Einschränkungen bedeutet. In ihrer Stellungnahme forderte die TIR aber unter anderem auch klare gesetzlich vorgeschriebene Brandschutzmassnahmen für landwirtschaftliche Tierhaltungen, eine Kastrationspflicht für Freigängerkatzen, ein Importverbot für Qualzuchten und ein Verbot für den im Pferdesport eingesetzten Zungenstrecker. Diesen und vielen weiteren Anliegen ist der Bund bei der Verordnungsrevision bedauerlicherweise nicht nachgekommen.
Medienkontakt:
MLaw Sibel Konyo
Rechtswissenschaftliche Mitarbeiterin
konyo@tierimrecht.org
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