Tierschutzstrafpraxis 2008: TIR-Analyse zeigt dringenden Handlungsbedarf in der gesamtschweizerischen Strafverfolgung auf
Die von der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) durchgeführte Auswertung der Schweizer Tierschutzstrafpraxis 2008 fällt zwiespältig aus. Gesamtschweizerisch wurde zwar eine erfreuliche Zunahme an verfolgten Tierschutzdelikten verzeichnet, die kantonalen Unterschiede sind jedoch nach wie vor beträchtlich. In einer 45seitigen Studie bringt die TIR viele brisante Fakten der Strafpraxis ans Licht und fordert in einem 12-Punkteprogramm konkrete Massnahmen zur Verbesserung und Harmonisierung des Tierschutzvollzugs.
24.09.2009
Erstmals seit Erhebung des Datenmaterials liegt zwar aus jedem Kanton zumindest ein Fall vor, vielerorts sind die Fallzahlen jedoch noch immer sehr tief. Die Negativliste der Kantone, die den Vollzug des Tierschutzrechts offenbar wenig ernst nehmen, wird von Glarus und Wallis mit je einem einzigen Strafverfahren angeführt. Es folgen Nidwalden, Genf und Tessin mit je zwei sowie Uri und Zug mit jeweils drei Entscheiden.
Die 2008 für vorsätzliche Tierquälereien durchschnittlich verhängte Geldstrafe stieg gesamtschweizerisch gegenüber dem Vorjahr von 29 auf 35 Tagessätze an. Demgegenüber ist der für andere Tierschutzdelikte ausgesprochene Bussenmittelwert von 523 auf 439 Franken gesunken.
Bei den 2008 am häufigsten von Straftaten betroffenen Tierarten hat sich die Entwicklung der Vorjahre bestätigt: 425 Entscheidungen handelten von Heimtieren (60 % des gesamten Datenmaterials), wobei Hundefälle mit 352 den weitaus grössten Anteil ausmachten. Dabei ging es zwar in 141 der Verfahren um eine mangelhafte Beaufsichtigung (was als Straftatbestand eher dem Schutz vor Hunden dient), bei den 211 restlichen Fällen jedoch um Straftaten an Hunden, die somit auch 2008 mit Abstand am häufigsten Opfer von Tierschutzdelikten wurden. Die Anzahl der Fälle, in denen eine Straftat an einem Hund untersucht wurde, war 2008 beinahe gleich hoch wie jene aller Nutztierfälle zusammen (218).
Insgesamt besteht – von einigen positiven kantonalen Ausnahmen abgesehen – bei der Durchsetzung des Tierschutzstrafrechts nach wie vor dringender Handlungsbedarf. Die Gründe für die teilweise erheblichen kantonalen Vollzugsdifferenzen liegen sowohl im unterschiedlich effizienten kantonalen Instrumentarium als auch in der mancherorts mangelnden Motivation der zuständigen Verwaltungs- und Strafuntersuchungsbehörden, die Tierschutzdelikte nach wie vor bagatellisieren.
Gesamtschweizerisch fordert die TIR zudem Tieranwälte oder ähnliche Institutionen, weil diese nachweislich zu häufigeren und strengeren Bestrafungen von Tierschutzdelikten beitragen. Der Kanton Zürich, in dem bereits seit 1992 ein offizieller Tieranwalt amtet, weist regelmässig nicht nur sehr hohe Fallzahlen, sondern auch überdurchschnittlich strenge Strafen aus. Auch tragen hier die in Zusammenarbeit mit dem Tieranwalt ausgearbeiteten offiziellen Strafmassempfehlungen der kantonalen Oberstaatsanwaltschaft massgeblich zu einer Sensibilisierung der urteilenden Behörden, einer Vereinheitlichung der Sanktionen und einer grösseren Rechtssicherheit bei.
Die gesamte, 7500 Tierschutzstraffälle umfassende Datenbank und die Analyse der Strafpraxis 2008 sind auf hier abrufbar.
Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte
Dr. iur. Gieri Bolliger, Geschäftsleiter TIR unter Tel. 043 443 06 43.