Stiftung für das Tier im Recht
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Straffälle-Datenbank
Interne Fallnummer: BE20/141 | |||||||
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Entscheidform: | Strafbefehl | Kanton: | Bern | ||||
Entscheidende Instanz: | Staatsanwaltschaft Region Berner Jura-Seeland | Datum: | 8. Juli 2020 | ||||
Öff. Verfahrensnummer: | BJS 20 2914 | ||||||
Instanzenweg: | |||||||
Straftatbestand: | Missachtung der Vorschriften über die Tierhaltung Tierquälerei - Vernachlässigung |
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TIR-Fallgruppe: | Allgemeines - Misshandlung/Tötung von Tieren - Nichtbehandeln von Krankheiten oder Unterlassen der Tötung von Tieren - Nichterbringen der Ausbildungsanforderungen - Vernachlässigung von Tieren Heimtiere - Kaninchen: mangelhafte Haltung, Pflege oder Nährung - Kaninchen: Vernachlässigung Wildtiere - Private Haltung von Wildtieren ohne Bewilligung |
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Strafbestimmung TSchG: | 26 Abs. 1 lit. a 28 Abs. 1 lit. a |
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Strafbestimmung TSchG (alt): | |||||||
Übertretung/Vergehen: | Übertretung |
Vergehen |
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Reines Tierschutzdelikt: | Ja | ||||||
Tierart: | Säugetiere - Frettchen - Kaninchen |
Lebensbereich: | Heimtiere | ||||
Sachverhalt: | Der Beschuldigte hält zwei Frettchen und zwei Zwergkaninchen. Die Frettchen weisen einen Flohbefall aus, den der Beschuldigte nicht behandeln lässt. Zudem entfernt er deren Fäkalien nicht täglich aus dem Gehege, das die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmasse massiv unterschreitet und nicht den artspezifischen Bedürfnissen der Frettchen entspricht. Letzteres aufgrund dessen, dass im Gehege die nötige Mindesteinrichtung, namentlich Schlafboxen, genügend Einstreu, Beschäftigungsmaterial und Grabmöglichkeiten, fehlt. Weiter füttert der Beschuldigte die Frettchen mit Schinken, Salami, Teigwaren, Joghurt, Milch etc. Eine solche Ernährung ist völlig ungeeignet und nicht artgerecht. Zudem hält der Beschuldigte die Frettchen ohne über die erforderliche Bewilligung und den erforderlichen Sachkundenachweis zu verfügen. Die beiden Kaninchen hält der Beschuldigte ohne ihnen ausreichend Wasser, Einstreu, Heu in einer Raufe sowie ohne ihnen ausreichend Beschäftigung- und Nagemöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Zudem wechselt er das Einstreu nicht oft genug und verfüttert den Kaninchen Brot, was die Tiere ungeeignet ist. |
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Vorsatz/Fahrlässigkeit |
Vorsatz
Eventualvorsatz
Fahrlässigkeit
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Verletzte Bestimmung: | Tierschutzgesetz (TSchG): | Tierschutzverordnung (TSchV): | |||||
Art. 3 lit. b Ziff. 1 Art. 3 lit. b Ziff. 2 Art. 4 Abs. 1 Art. 4 Abs. 2 Art. 6 Abs. 1 |
Art. 10 Abs. 1 Art. 16 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 Art. 3 Abs. 2 Art. 3 Abs. 3 Art. 4 Abs. 1 Art. 4 Abs. 2 Art. 5 Abs. 2 Art. 7 Abs. 2 Art. 85 Abs. 3 lit. a Art. 89 lit. a Art. 93 Abs. 1 Art. 93 Abs. 2 Art. 94 Abs. 1 Art. 94 Abs. 2 Art. 95 Abs. 1 lit. a Art. 95 Abs. 1 lit. c Art. 95 Abs. 1 lit. d Art. 96 Abs. 1 lit. b Art. 96 Abs. 2 |
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Tierschutzgesetz (TSchG) alt | Tierschutzverordnung (TSchV) alt | ||||||
Richtlinien | |||||||
Weitere Erlasse | |||||||
Strafe: | Busse Geldstrafe - bedingt Fr. 400 Bei Nichtbezahlen der Verbindungsbusse tritt die Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen in Kraft. Fr. 300 Bei Nichtbezahlen der Busse tritt die Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen in Kraft. 25 Tagessätze à Fr. 80 Probezeit: 2 Jahre |
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Massnahmen: | |||||||
Grundbegriffe des Tierschutzrechts: | |||||||
Täter: | |||||||
Rechtfertigungsgründe: | |||||||
Schuldausschlussgründe: | |||||||
Strafzumessung: | Mehrfachbegehung Die Staatsanwaltschaft geht in vorliegendem Fall von einer Mehrfachbegehung bezüglich Art. 28 Abs. 1 lit. a TSchG aus. Es ist unklar, ob sich die Mehrfachbegehung auf das Strafmass auswirkte. |
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Besonderheiten des Falles: | |||||||
Kommentar: | Aufgrund fehlender Angaben im Strafbefehl wurde die anwendbare Strafbestimmung (Art. 28 Abs. 1 TSchG) um den einschlägigen Buchstaben (lit. a) ergänzt. Das Täterverhalten in Bezug auf die Nichtbehandlung der Frettchen sowie deren Haltung in einem massiv zu kleinen Gehege ohne Mindesteinrichtung hätte hier nach Ansicht der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) wegen der Garantenstellung des Beschuldigten aus seiner Fürsorgepflicht als Tierhalter gemäss Art. 6 Abs. 1 TSchG als Misshandlung durch Unterlassen i.S.v. Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG i.V.m. Art. 11 Abs. 2 lit. a StGB und nicht als Vernachlässigung qualifiziert werden müssen. Vorliegend hätte das Täterverhalten in Bezug auf die Haltung der beiden Kaninchen sowie die ungenügende Ernährung der Frettchen nach Ansicht der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) statt unter Art. 28 Abs. 1 lit. a TSchG unter die Tierquälerei-Tatbestandsvariante der Vernachlässigung gemäss Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG subsumiert werden sollen. Das Verhalten des Beschuldigten in Bezug auf das nicht zur Verfügung stellen von ausreichen Wasser, Einstreu, Heu in einer Raufe sowie Beschäftigungs- und Nagemöglichkeiten sowie in Bezug auf die ungeeignete Ernährung der Kaninchen und in Bezug auf die ungenügende Ernährung der Frettchen stellt eine schwerwiegende Verletzung seiner Pflichten als Tierhalter dar. Aus diesem Grund ist nicht mehr von einer nach Art. 28 Abs. 1 lit. a TSchG zu ahndenden Übertretung auszugehen. Vergehen, zu denen auch Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG gehört, sind gemäss Art. 10 Abs. 3 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht. |