Wie viel Tierlärm muss ein Nachbar ertragen?
Hundelärm ist ein klassischer Streitpunkt unter Nachbarn. Natürlich kann einem Hund das Bellen nicht ganz abgewöhnt werden, schliesslich handelt es sich dabei um ein wichtiges Kommunikationsinstrument des Tieres. Die Frage ist somit, wo die Grenze zwischen zumutbarem und unzumutbarem Tierlärm (sogenannten Immissionen) liegt. Verboten ist eine Immission nämlich nur dann, wenn sie übermässig ist.
Die Übermässigkeit wird mittels einer Interessenabwägung ermittelt. Dabei wird grundsätzlich nicht auf die subjektive Wahrnehmung des vom Lärm Betroffenen abgestellt, sondern auf die Wahrnehmung eines Durchschnittsmenschen in der gleichen Situation. Eine persönliche Aversion gegen Hunde ist somit bei der Beurteilung der Übermässigkeit grundsätzlich nicht miteinzubeziehen. Gelegentliches Hundegebell oder Vogelgezwitscher sind daher zu tolerieren, nicht aber beispielsweise das stundenlange schrille Schreien eines Papageis oder das pausenlose Gebell eines Hundes.
Die Abwägung der verschiedenen Interessen – also Tierhaltung gegen Ruhe- und Ordnungsbedürfnis –hängt sodann stark vom Einzelfall ab. Entscheidend ist vor allem der sogenannte Ortsgebrauch, also was am betreffenden Ort üblich ist und ob die Tiere in städtischen oder ländlichen Verhältnissen gehalten werden. So kann auf dem Land erlaubt sein, was in einem urbanen Wohnquartier bereits als übermässig gilt, beispielsweise das morgendliche Krähen eines Hahns.
Weil das ortsübliche Mass je nach Kanton und Gemeinde verschieden ist,
können ähnliche Fälle je nach Gegend durchaus unterschiedlich beurteilt
werden. Häufig sind die Wohngebiete auch in sogenannte
Empfindlichkeitszonen eingeteilt. In den Kantonen Aargau, Bern und St.
Gallen beispielsweise haben die Gerichte entschieden, dass in Wohnzonen
die Haltung von drei erwachsenen Hunden pro Haushalt gerade noch
zonenkonform ist. Das Bundesgericht hat diese Praxis dann auch
bestätigt. Zur weiteren Beurteilung können sodann die Grenzwerte der
eidgenössischen Lärmschutzverordnung (LSV) oder allenfalls auch das
jeweilige kantonale Hundegesetz herangezogen werden. Klar definierte
Grenzwerte für Hundelärm gibt es darin allerdings nicht. Das Gebell kann
aber mit der Lautstärke von anderen Lärmquellen wie Autos, Restaurants
oder Baustellen verglichen werden.
Können sich die Nachbarn in
Bezug auf den Tierlärm nicht einigen, so kann das Gericht angerufen
werden, das dann die Übermässigkeit beurteilen muss. Wohnt der durch die
Tierimmissionen gestörte Nachbar in einer Mietwohnung, kann er bei
seinem Vermieter übrigens eine angemessene Mietreduktion verlangen. Auch
wenn dieser selbst für das dauernde Hundegebell nicht verantwortlich
ist, muss er jedem Mieter die uneingeschränkte Ausübung des Wohnrechts
ermöglichen. Das Recht auf die Reduktion besteht ab dem Zeitpunkt, in
dem die übermässige Belästigung dem Vermieter angezeigt wird.
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Hinweis
Die vorliegenden Rechtsauskünfte verstehen sich als juristische Interpretation der Schweizer Rechtsnormen durch Tier im Recht (TIR). Sie haben keinen bindenden Charakter und keinen Einfluss auf den Ausgang eines allfälligen Gerichtsverfahrens.