Speziesismus
Allgemeines
Speziesismus beschreibt eine gesellschaftliche Haltung, bei der das Leben und die Interessen von Tieren weitgehend ignoriert werden, weil sie nicht der Spezies Mensch angehören. Es handelt sich dabei um eine Form der Diskriminierung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer anderen Art. Der Begriff wurde vom britischen Psychologen Richard Ryder geprägt und orientiert sich an Bezeichnungen anderer Diskriminierungsformen wie "Sexismus" oder "Rassismus".
Speziesistische Haltungen sind in unserer Gesellschaft weit verbreitet. Unzählige Tiere leiden und sterben, weil Menschen sie ausbeuten und ihre Interessen nicht respektieren. Eine Haltung, die solchen Verletzungen gleichgültig gegenübersteht, ist eindeutig speziesistisch.
Ansätze, die die Nutzung von Tieren akzeptieren, solange deren Beeinträchtigung möglichst gering gehalten wird, sind ebenfalls als speziesistisch einzuordnen, solange sie nicht auch die Nutzung von Menschen unter vergleichbaren Umständen befürworten würden. Auch eine Haltung, die Tieren zwar einen gewissen Respekt entgegenbringt, jedoch weniger als dem Menschen, gilt als speziesistisch. Die Ablehnung des Speziesismus bedeutet allerdings nicht, dass Tiere gleich wie Menschen zu behandeln sind. Vielmehr sind sie in ihrer eigenen Art und mit ihren eigenen Bedürfnissen zu respektieren und dürfen ihre Bedürfnisse nicht einseitig zugunsten menschlicher Interessen zurückgedränkt werden.
Rechtliche Erfassung
Die speziesistische Denkweise spiegelt sich auch in der geltenden Schweizer Tierschutzgesetzgebung wider. Zahlreiche Haltungs-, Nutzungs- und Umgangsformen, die für die Tiere mit erheblichen Leiden verbunden sind und ihre Würde missachten, werden – gestützt auf menschliche Nutzungsinteressen – durch das geltende Schweizer Tierschutzrecht legitimiert, wodurch das Tier in vielen Lebensbereichen zu einer reinen Ressource degradiert wird. So erlaubt das Tierschutzrecht noch immer schwerbelastende Tierversuche, die Hobbyjagd und -fischerei, die Verwendung von Tieren in der Nahrungsmittelproduktion oder der Modeindustrie, das Vorführen von Wildtieren in Zirkussen oder deren Haltung in Zoos sowie die Qual- oder Extremzucht von Heim- und Nutztieren, obwohl die Schmerz- und Leidensfähigkeit von Wirbeltieren und zahlreichen wirbellosen Tieren seit vielen Jahren wissenschaftlich belegt ist und die Würde des Tieres in der Schweiz ausdrücklich anerkannt und geschützt wird.
Die speziesistische Prägung des Tierschutzrechts zeigt sich zudem daran, dass es gestützt auf seine pathozentrische Ausrichtung den Anwendungsbereich auf Wirbeltiere beschränkt und damit nur ausgewählten Tieren schutzwürdige Interessen zugesteht und das Schutzniveau je nach Tierart oder Nutzungsart sehr unterschiedlich definiert. Dementsprechend variieren etwa die Schutzbestimmungen je nach dem, ob es sich beim betroffenen Tier um ein "Nutz-", "Heim-" oder "Versuchstier" handelt. Diese Unterscheidung orientiert sich an menschlichen Nutzungsinteressen und ist aus moralischer Sicht kritisch zu betrachten.