Newsletter TIR-Bibliothek: TIR präsentiert Lesetipp "Die Essensvernichter"
Die Bibliothek der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) stellt mit der vierten diesjährigen Ausgabe des Newsletters wiederum ausgewählte und aktuelle Neuzugänge vor. Bücher, Artikel und Filmbeiträge zu tierrelevanten Themen sollen hierbei näher beleuchtet werden. Der besondere Lesetipp handelt von der Verschwendung unserer Nahrungsmittel, der damit einhergehenden Umweltbelastung und dem Biodiversitätsverlust.
04.11.2021
Wenn Lebensmittel hergestellt, aber nicht konsumiert werden, führt dies zu unnötigen CO2-Emissionen, Biodiversitätsverlust sowie Land- und Wasserverbrauch. Mindestens ein Drittel der globalen Lebensmittelproduktion landet auf dem Müll, entweder bereits während der Verarbeitung der Ernte oder im Rahmen ihrer Verteilung. Ein entscheidender Anteil, der für die Bekämpfung des weltweiten Hungers eingesetzt werden könnte.
Da die Viehzucht enorm zugenommen und sich der weltweite Fleischkonsum in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt hat, sind die Auswirkungen der Viehwirtschaft auf die globale Klimaerwärmung drastisch. Oftmals werden für die freigesetzten Emissionen die sogenannten Nutztiere – Tiere also, die von uns Menschen zur häufig vollständigen Aus-Nutzung bestimmt werden – dafür verantwortlich gemacht. Doch auch der synthetische Dünger, der für die Bewirtschaftung der Ackerflächen grossflächig verwendet wird, setzt bei der Herstellung mehrere Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre ab und verseucht zudem die Gewässer, was wiederum zu einem Biodiversitätsverlust führt.
Was die Gewinnung und Verarbeitung von Gemüse und Früchten betrifft, ist zu empfehlen, diese Nahrungsmittel regional und saisonal einzukaufen. Im Rahmen des Transports ist mit hohen Emissionen zu rechnen, wobei nicht allein der Flug-, sondern auch der Schiffsverkehr erhebliche Auswirkungen verursacht. Andererseits tragen nicht standortgerecht angebaute Früchte und Gemüse zu hohem Energie- oder Wasserverbrauch bei. Form und Grösse von Obst und Gemüse müssen gewissen Standards entsprechen. Während teilweise sogar gesetzliche Normen zu beachten sind, diktieren insbesondere marktwirtschaftliche Unternehmen den Produzenten, wie ihre Erzeugnisse auszusehen haben. Ein signifikanter Teil der Ernte wird deshalb aussortiert und entweder zu einem Bruchteil des normalen Preises verkauft, für die Herstellung von Biogas verwendet oder schlicht entsorgt. Organisationen wie etwa Gebana setzen sich national und international für einen direkten, fairen und ökologischen Handel ein, der die Produzenten vor Ort unterstützt und die Formen- und Farbenvielfalt aller Gemüse und Früchte miteinbezieht.
Ein weiteres Beispiel für die verheerenden Folgen unserer Lebensmittelverschwendung stellt die weltweite Fischerei dar. Über 80 Prozent der gefischten Tiermasse landet als ungewollter Beifang zurück im Meer. In vielen Fällen sind die betroffenen Tiere dabei einem langen Leidensweg ausgesetzt bis sie ihren Verletzungen erliegen. Aber auch Tiere der "Zielspezies", die letztlich tatsächlich zu Nahrungsmitteln verarbeitet werden, erleiden häufig schwere innere Verletzungen, etwa durch das Platzen der Schwimmblase im Zuge der Beförderung der Fische aus dem Wasser, und in aller Regel einen qualvollen Erstickungs- oder Erdrückungstod. "Humane" Tötungsmethoden gibt es im Rahmen der industriellen Fischerei nicht.
Im hier vorgestellten Buch "Die Essensvernichter" beschreiben die Autoren die Ursachen unserer enormen Essensverschwendung und zeigen Alternativen auf, die diese unhaltbare Situation verbessern sollen. Die Vergeudung wertvoller Esswaren, die mit einer immensen Umweltbelastung einhergeht, könnte drastisch reduziert werden. Politiker könnten handeln, indem Nahrungsmittelhersteller und Handelsunternehmen beispielsweise gesetzlich zur Abgabe von Nahrungsüberschuss an karitative Organisationen verpflichtet werden. Auch kleine Aktionen und die Anpassung des individuellen Verhaltens könnten Grosses bewirken: Zurückhaltung beim Kaufen von Konsumgütern, gute Planung und kreative Kochideen inklusive der Verarbeitung anfallender Reste und der natürlichen Konservierung zur Verlängerung der Lebensdauer von Nahrungsmitteln sowie die "Rettung" von Gemüse durch Kauf von überschüssigem oder dem Schönheitsideal nicht entsprechendem und somit nicht über die üblichen Kanäle verkäuflichem Gemüse beispielsweise direkt ab Hof – durch persönliches Engagement kann der Verschwendung entgegengewirkt werden.
Einen zentralen Beitrag zur Verringerung der Umweltzerstörung leisten Konsumentinnen und Konsumenten zudem, wenn sie den Anteil tierlicher Produkte spürbar reduzieren. Hierdurch können erhebliche Mengen an CO2- und Methan-Emissionen, Wasserverbrauch sowie Biodiversitätsverlust eingedämmt werden. Auch gesundheitliche Auswirkungen und Armut hängen mit der global wachsenden Fleisch- und Milchproduktion zusammen (ausführliche Informationen etwa bei Swissveg sowie Coller Animal Law Forum), ebenso wie beträchtliches Tierleid im Rahmen der Zucht, der Haltung, des Transports und der Schlachtung von Tieren. Die Vernichtung von Lebensmitteln tierlichen Ursprungs erscheint vor diesem Hintergrund als ganz besonders verwerflich.
"Die Essensvernichter" erschien 2011 und die 2. Auflage 2012, basierend auf der Filmdokumentation "Taste the Waste" (2011) und dem Vorläufer des Kinofilms "Frisch auf den Müll" (2010). Die Ausstrahlung bewegte die Welt und trieb die Sensibilisierung zu diesem Thema in der europäischen Bevölkerung stark an. Zahlreiche Köche und Detailhandelsunternehmer meldeten sich und berichteten von den Problemen zur Vermeidung von Nahrungsmittelmüll. Andere besorgte Bürger baten um Tipps wie sie am besten die Container der Supermärkte nach essbaren Lebensmitteln plündern könnten. Schliesslich beschäftigte sich in der Folge auch die Politik eingehend mit dem Thema.
Die Lebensmittelverschwendung bringt eine ganze Kette von gravierenden Problemen mit sich, und es braucht dringend die Mithilfe aus allen Bereichen, um eine Wende herbeiführen zu können. Stefan Kreutzberger ist freier Journalist, Autor und Medienberater mit den Spezialgebieten Umwelt- und Verbraucherthemen sowie internationale Entwicklungszusammenarbeit. Valentin Thurn hat als freier Filmemacher bereits mehrere TV-Dokumentationen und Reportagen erstellt.
Das vorliegende Buch "Die Essensvernichter" von Stefan Kreutzberger und Valentin Thurn ist im Handel erhältlich und kann nach Voranmeldung während der Öffnungszeiten auch in der TIR-Bibliothek eingesehen werden, wo Lese- und Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Aktuelle Neuzugänge in der TIR-Bibliothek werden jeweils im Newsletter TIR-Bibliothek vorgestellt.
Weitere Informationen
- Buch "Die Essensvernichter" von Kreutzberger Stefan und Thurn Valentin
- Buchtipp: "Die Erde rechnet ab" von Hutter Claus-Peter
- Buchtipp: "Die Kuh ist kein Klima-Killer! - Wie die Agrarindustrie die Erde verwüstet und was wir dagegen tun können" von Idel Anita
- Artikel: "Welternährung und Tierhaltung" von Idel Anita
- Artikel: "Gutes Essen für alle! - Grundlagen einer antispeziesistischen Landwirtschaft" von Schwerdtner Ulrike
- Filmtipp: "Taste the Waste" von Thurn Valentin
- Website Food Waste Schweiz
- Website gebana.com
- Swissveg
- Aktuelle Neuzugänge in der TIR-Bibliothek: Newsletter TIR-Bibliothek
Lebensmittelvernichtung

Titel "Die Essensvernichter"
