Welpenhandel
Allgemeines
Ein Grund für den florierenden Handel mit ausländischen Hundewelpen ist, dass sie meist günstiger zu haben sind als Tiere aus Schweizer Zuchten, zudem werden sie oftmals bequem und einfach im Internet mit der Option "Heimlieferung" angeboten.
Jungtiere trendiger Kleinrassen wie Chihuahua, Zwergspitz, Französische Bulldogge oder Mops sind in der Schweiz gar nicht in einer der Nachfrage entsprechenden Anzahl vorhanden, weshalb sie mit zu den häufigsten Opfern des egoistischen Geschäfts mit "billig produzierten" Welpen gehören. In Massenzuchten werden die Hündinnen laufend gedeckt, und die Trennung der Jungtiere von Mutter und Geschwistern erfolgt in der Regel viel zu früh. Krankheitserreger und Parasiten können sich durch die grosse Anzahl an Tieren rasch verbreiten, und die Haltungs- und Transportbedingungen sind meist ausserordentlich schlecht. Dies alles führt dazu, dass sowohl die Mutter- als auch die Jungtiere bleibende psychische und körperliche Schäden davontragen. Nicht selten erhält der Empfänger des Tieres in der Schweiz einen bereits kurz nach seiner Ankunft sterbenskranken, illegal importierten Welpen. Neben der emotionalen Belastung, das leidende Tier auf seinem letzten Weg zu begleiten, kommen aufgrund des illegalen Imports und den damit verbundenen verwaltungs- und allenfalls strafrechtlichen Aufwendungen auch hohe Veterinärkosten auf den Tierhalter zu, die den vermeintlich günstigen Kaufpreis bei weitem übersteigen. Kosten in der Höhe von 8'000 Franken und mehr sind dabei kein Einzelfall.
Rechtliche Erfassung
Zu beachten ist, dass unseriöser Welpenhandel nicht mit Rechtsverstössen einhergehen muss. Weil die Zucht und Haltung von Hunden in vielen Ländern weniger streng geregelt ist als in der Schweiz, zieht auch der legale Import von Welpen aus ausländischen Massenzuchten rechtliche und praktische Probleme im Inland nach sich. Im Gegensatz zur Situation in Bezug auf illegal eingeführte Tiere sind die zur Verfügung stehenden behördlichen Massnahmen hier stark begrenzt. Die betroffenen Tiere leiden oftmals lebenslang an den Folgen traumatischer Erfahrungen in ihren ersten Lebenswochen. Ohne entsprechende Therapie entwickeln zahlreiche Hunde Verhaltensstörungen, lassen sich nur schwer in das gesellschaftliche Leben integrieren und rufen bei den Haltepersonen mitunter Überforderung hervor. Überforderte Tierhalter tragen indessen ein hohes Risiko, mit haftpflichtrechtlich relevanten Fragen konfrontiert zu werden.
Seit Mai 2013 gilt in der Schweiz ferner ein Hausierhandelsverbot für Hunde. Das bedeutet, dass Hunde nicht mehr auf öffentlichen Plätzen zum Verkauf angeboten werden dürfen. Zwar ist das Hausierhandelsverbot begrüssenswert, es greift aber als alleinige Massnahme gegen den illegalen Welpenhandel und Hundeimport nicht. Denn das Umherziehen mit Tieren fällt nur dann unter den Hausierhandel, wenn Hunde mitgeführt werden, für die noch keine Abnehmer vorhanden sind. In der Praxis erfolgen Hundeimporte jedoch oft aufgrund konkreter Bestellungen (über das Internet oder Telefon) und fallen deshalb nicht unter das Hausierhandelsverbot. Heute werden über den Verkaufskanal des Hausierhandels schliesslich kaum mehr illegal importierte Hunde abgesetzt. Viele Welpen gelangen nach einem Kauf im grenznahen Ausland durch Privatpersonen oder direkt durch die Händler in die Schweiz (vgl. STS-Report, Seite 5).
Mit der revidierten schweizerischen Tierschutzverordnung (TSchV) trat im März 2018 zudem neu die Bestimmung Art. 76a TSchV in Kraft. Diese bezweckt die Erschwerung von illegalen Machenschaften beim Handel mit Hunden, indem Anbieterinnen oder Anbieter von Hunden in Verkaufsinseraten ihre Adresse sowie die Herkunft der Hunde angeben müssen. Allerdings ist die Durchsetzung dieser Bestimmung fraglich, da die Inserateplattformen nicht zu einer umfassenden Kontrolle der Anzeigen verpflichtet wurden.
Leider lösen diese Regelungen aber nicht die generelle Problematik des Verkaufs von Tieren im Internet. Gerade im Corona-Jahr tauchten unzählige ausländische und auch national registrierte Homepages im Internet auf, die mit emotional berührenden Welpenbildern Käufer anlocken und zu unüberlegten Geschäften animieren. Es wird damit geworben, die Tiere gesund und ausgestattet mit allen für die Einreise nötigen Dokumenten und Impfungen an die Käufer zu übergeben. In den meisten Fällen werden aber entgegen den Versprechen auf der Webseite nicht einfuhrfähige (unklare Herkunft aufgrund fehlenden oder gefälschten EU-Heimtierpasses, nicht ausreichender Tollwutschutz) und häufig an Parvovirose oder Giardien erkrankte Hunde übergeben.
Bei den genannten Vorgehensweisen handelt es sich nicht um Bagatelldelikte. Zur Diskussion stehen die Straftatbestände des Betrugs und der Urkundenfälschung. Weiter können Verstösse gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sowie gegen die Tierschutz- und Tierseuchengesetzgebung vorliegen. Den betroffenen Käufern ist daher zu raten, eine Strafanzeige bei der Polizei einzureichen. Im Hinblick auf die Nichteinhaltung der Verbraucherschutzvorschriften kann zudem eine Beschwerde beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) eingereicht werden. Der Auslandsbezug erschwert die Verfolgbarkeit seitens Schweizer Strafverfolgungsbehörden jedoch drastisch.
Probleme in der Praxis
Ein weiteres Problem besteht darin, dass kantonal unterschiedliche Wege im Umgang mit illegal eingeführten Tieren beschritten werden. Während in einigen Kantonen Jungtiere ohne geklärte Herkunft eingeschläfert werden, greifen andere Kantone in analogen Konstellationen demgegenüber zu deutlich milderen Massnahmen und ordnen etwa eine Quarantäne (teilweise sogar à domicile) an. Verschiedentlich wird auch die Möglichkeit der Rückführung des Tieres ins Herkunftsland oder gar in ein beliebiges Land, sofern dieses der Einfuhr zustimmt, eröffnet. Generell scheinen die Kantone im Weiteren die Kriterien für einen Tollwutverdacht unterschiedlich festzulegen. Nach Ansicht der TIR besteht dahingehend dringend Handlungsbedarf, um den Vollzug in dieser Thematik interkantonal zu vereinheitlichen und für das Tierwohl weniger einschneidende Konsequenzen zu fördern.
Schwierigkeiten bereitet auch der Handel mit Tieren aus ausländischen Massenzuchtstätten, der den rechtlichen Einreisevorschriften genügt und daher unter dem Deckmantel der "Legalität" fungiert. So werden die Händler nicht bereits an der Grenze gestellt, sondern übergeben die traumatisierten, meist von Parasiten befallenen und teilweise sogar sterbenskranken Welpen an die Käufer. Zwar müssen Tiere gemäss Schweizer Tierschutzverordnung so transportiert werden, dass sie den Transport ohne Schaden überstehen. Jedoch dürfte dieser Nachweis in der Praxis nur schwer zu erbringen und die Täter aufgrund des Auslandsbezuges kaum zu verfolgen sein.
Um nicht aufzufliegen, reagieren die Händler im Ausland rasch auf gesetzliche Änderungen und Warnungen seitens Tierschutzorganisationen. Wurden die Auslandswelpen früher deutlich unter dem in der Schweiz geforderten Kaufpreis verkauft, was als Hinweis auf eine Massenzuchtstätte galt, so sind die Preise nun angestiegen. Auch werden die Welpen oftmals über Social Media unter fiktiven Personenprofilen und in selteneren Fällen über real existierende private Zwischenhändler in der Schweiz, die sich als seriöse und um das Tierwohl besorgte Züchter präsentieren, angeboten. Ein weiterer Trick der Händler besteht darin, den Käufer für die Übergabe des Tieres über die Grenze zu locken, sodass dieser als Importeur gilt und der Verkäufer nicht wegen illegaler Einfuhr zur Rechenschaft gezogen werden kann.
Handlungsmöglichkeiten und Ausblick
Künftige Käuferinnen und Käufer sind angehalten, sich vor der Anschaffung eines Hundes gut über den Anbietenden zu informieren. Ein Kauf sollte grundsätzlich nie ohne vorherige Besichtigung der Zucht bzw. des in Frage kommenden Tieres getätigt werden. Fällt die Entscheidung auf einen Auslandshund, sollte man sich vorab zumindest die Papiere zukommen und diese von Experten prüfen lassen. Anhand der ersten drei Ziffern der Mikrochipnummer können das Herkunftsland des Tieres und die damit verbundenen Einreisevorschriften in Erfahrung gebracht werden. Denn auch wenn das Tier nicht durch die Käuferin oder den Käufer selbst importiert wird, trägt sie oder er am Schluss die Konsequenzen, wenn das Tier mangels korrekter Einfuhr unter Tollwutverdacht steht und im schlimmsten Fall die Euthanasie droht.
Obwohl in den genannten rechtlichen Neuerungen also ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz im Zusammenhang mit der Einfuhr von Hunden gesehen werden kann, bedeuten sie aber offensichtlich noch nicht das Ende für den problematischen – nicht einmal für den illegalen – Welpenhandel in Europa. So zielen die nationalen und internationalen Importvorschriften nach wie vor primär auf die Verhinderung der Einfuhr von Seuchen und Krankheiten ab und fokussieren nicht direkt auf das Tierwohl.
Es genügt somit nicht, allein an die Verantwortung der Käuferschaft zu appellieren. Auch auf gesetzlicher Ebene bedarf es dringend weiterer Anpassungen. Nationalrätin Martina Munz (SP/SH) hat in der Frühlingssession 2021 ein Anliegen aus Tierschutzkreisen aufgenommen, wonach die Einfuhr von Welpen im Alter von weniger als 15 Wochen verboten werden soll.
Im nahen Ausland, das ebenfalls mit den Folgen des illegalen Welpenhandels zu kämpfen hat, wurden hingegen bereits weitergreifende Massnahmen eingeleitet. In Frankreich soll ab 2024 der private Verkauf von Haustieren über das Internet verboten werden. Dies soll ausschliesslich autorisierten Züchtern und Tierheimen vorbehalten sein. Auch in Österreich gibt es schon seit längerem eine vergleichbare Regelung. Dies ist ein begrüssenswerter Ansatz, der auch hierzulande verfolgt werden sollte.
Die TIR sieht als weitere Möglichkeit zur Eindämmung des Welpenhandels eine stärkere Regulierung der Einfuhr und damit einhergehende verstärkte Grenzkontrollen. Beispielsweise wäre eine generelle Bewilligungspflicht für den Import von Heimtieren denkbar. Werden skrupellose Händler bereits an der Grenze abgewiesen, wird das Geschäft zunehmend unattraktiver. Die Modelllösung von Vier Pfoten würde zudem eine international lückenlose Rückverfolgbarkeit und Transparenz des Handels mit Heimtieren gewährleisten. Weitere legislatorische Massnahmen könnten eine Rechenschaftspflicht jener Personen, die einen Hund erwerben wollen, oder ein Verbot des Inserierens lebender Tiere auf nicht hierauf spezialisierten Online-Plattformen sein. Anstelle eines rechtlich verbindlichen Verbots wäre es auch denkbar, dass Online-Anzeigenportale von sich aus tätig werden und darauf verzichten, lebende Tiere anzubieten.