Neuer TIR-Flyer: Keine unkritische Förderung von Tierversuchen!
Tierversuche sind laut dem Schweizer Tierschutzgesetz nur dann zulässig, wenn sie unerlässlich sind und der erwartete Kenntnisgewinn im Rahmen einer Güterabwägung höher zu gewichten ist als die Belastung der Tiere. Diesen rechtlichen Anforderungen trägt das heutige Bewilligungs- und Forschungsförderungssystem jedoch nur unzureichend Rechnung. Eine geeignete Massnahme, um diesem Missstand entgegenzuwirken, wäre die Einführung einer systematischen Überprüfung des Nutzens von Tierversuchen, wie die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) in ihrem aktuellen Flyer darlegt.
10.09.2021
Die tierversuchsbasierte Forschung steht nicht nur in tierethischer, sondern auch in wissenschaftlicher Hinsicht zunehmend in der Kritik. Bemängelt wird etwa, dass Resultate aus Tierversuchen in weiteren Experimenten häufig nicht reproduziert werden können und sich die gewonnenen Erkenntnisse zudem in den meisten Fällen nicht auf den Menschen übertragen lassen. Dennoch werden Tierversuche nach wie vor routinemässig bewilligt. So wird in der Schweiz weniger als ein Prozent aller beantragten Versuche abgelehnt. Darüber hinaus wird die tierexperimentelle Forschung mit immensen staatlichen Beiträgen unterstützt. Angesichts der wissenschaftlichen Einwände erscheint die unkritische finanzielle Unterstützung von Tierversuchen durch die öffentliche Hand und das blinde Vertrauen von Tierversuchskommissionen und Bewilligungsbehörden in den Nutzen der beantragten Versuche nicht gerechtfertigt. Um eine solide Basis für Entscheidungen über Investitionen in die Forschung und über die Bewilligung von Tierversuchsprojekten zu schaffen, wäre es daher dringend angezeigt, Tierversuche einer systematischen Nutzenbewertung zu unterziehen.
Der dringende Handlungsbedarf im Tierversuchsbereich wird auch durch die kürzlich erschienene Tierversuchsstatistik des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) für das Jahr 2020 belegt. Insgesamt ist mit 556'107 in Versuchen eingesetzten Tieren zwar eine Abnahme um 2.8 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019 zu verzeichnen. Höchst bedenklich ist jedoch der seit mehreren Jahren festzustellende stetige Anstieg der Anzahl Tiere, die für schwerbelastende Versuche verwendet werden.
Im Zuge der parlamentarischen Beratungen zur Tierversuchsverbotsinitiative, über die die Schweizer Bevölkerung voraussichtlich im kommenden Jahr abstimmen wird, hatte sich die TIR gemeinsam mit Nationalrätin Meret Schneider (GPS/ZH) für eine systematische Erhebung des Nutzens von Tierversuchen und die Festlegung eines auf den Ergebnissen der entsprechenden Analysen basierenden Ausstiegsplans aus dem Tierversuchssystem stark gemacht. Das Anliegen wurde vom Nationalrat jedoch abgelehnt. Für die TIR ist diese Entscheidung nicht nachvollziehbar. Sowohl aus ethischer als auch aus wissenschaftlicher und nicht zuletzt auch aus ökonomischer Sicht ist es schlicht unverantwortlich, belastende Versuche an Tieren routinemässig zu bewilligen und mit mehrstelligen Millionenbeträgen zu fördern, ohne deren Wirksamkeit eingehend zu überprüfen. Die TIR wird sich deshalb auch weiterhin für die Einführung einer systematischen Nutzenbewertung im Tierversuchsbereich engagieren.
Weitere Informationen zur Notwendigkeit einer fundierten Überprüfung des Nutzens von Tierversuchen und zu den Problemen des aktuellen Bewilligungs- und Fördersystems finden Sie in unserem aktuellen Flyer. Sämtliche TIR-Informationsflyer können kostenlos bei der TIR-Geschäftsstelle oder über unseren Webshop bestellt werden.
Weitere Informationen
- TIR-Informationsflyer Nr. 55 "Keine unkritische Förderung von Tierversuchen!"