TIR erfreut: Nationalrat nimmt zwei tier- und artenschutzrelevante Motionen an
Der Nationalrat hat am 10. März 2021 die Annahme zweier tier- und artenschutzrelevanter Motionen beschlossen. Sowohl die Einführung einer Deklarationspflicht für Reptilienleder und entsprechende Produkte als auch ein Verbot für die Ein- und Durchfuhr von Jagdtrophäen, die von CITES-geschützten Tieren stammen, haben damit eine wichtige Hürde genommen. Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) ist sehr erfreut über den Beschluss des Nationalrats und hofft, dass der Ständerat dem Beispiel des Erstrats folgen wird.
12.03.2021
Die Schweiz spielt im internationalen Handel mit Reptilienleder und entsprechenden Produkten aufgrund der hierzulande ansässigen Uhren- und Luxusgüterindustrie eine wichtige Rolle. So wird Alligatorenleder aus den USA für bestimmte Kundensegmente als bevorzugtes Material bei Uhrenarmbändern eingesetzt und Waranen- und Schlangenleder aus Südostasien zu exklusiven Taschen, Schuhen, Gürteln und anderen Modeartikeln verarbeitet. Durch gut dokumentierte Recherchen ist aber offenkundig geworden, dass hinter diesen Luxusgütern regelmässig Tierquälerei steckt.
So entstanden in Indonesien im Jahr 2010 schockierende Filmaufnahmen zum Umgang mit Schlangen und Echsen. Zu sehen waren etwa Warane mit zusammengeschnürten Beinen, die während Tagen in aufeinandergestapelten Säcken verharren mussten und achtlos zu Boden geworfen wurden. Getötet wurden die Tiere per Kopfschlag mit einem Knüppel. Nach dem vermeintlich tödlichen Schlag zeigten zahlreiche Tiere jedoch Merkmale bewusster Wahrnehmung. Schlangen wurden am Kiefer aufgehängt und ihre Körper zur besseren Ablösung der Haut mit Wasser gefüllt. Die Tiere ertranken qualvoll oder erlebten ihre Häutung bewusst mit.
Obwohl nach Angaben der Branche und des Bundesrats seither Bemühungen zur Änderung der Umgangsformen mit den Reptilien vor Ort unternommen und auf Initiative des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hin internationale Empfehlungen zu den Tötungsmethoden erarbeitet wurden, besteht aktuell kein Hinweis, dass tatsächlich eine Verbesserung der Situation eingetreten ist. Im Gegenteil: neueres Videomaterial aus weiteren Ländern zeigt ähnlich grausame Praktiken.
Aus diesem Grund setzt sich die TIR für ein konsequentes Importverbot für tierquälerisch hergestelltes Reptilienleder und daraus erzeugte Produkte ein. Die nun vom Nationalrat angenommene Deklarationspflicht ist aus Sicht der TIR zwar unzureichend, sie belegt jedoch immerhin, dass der dringende Handlungsbedarf erkannt wurde. Die Deklarationspflicht stellt damit einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar, wobei allerdings der Ausgestaltung der Deklaration grösste Aufmerksamkeit zu schenken ist. Diese soll es interessierten Konsumentinnen und Konsumenten ermöglichen, sich ein realistisches Bild der Ledergewinnung zu machen. Auf irreführende Angaben ist hierbei zu verzichten, zumal solche sogar kontraproduktiv wirken können, wie sich in der Vergangenheit auch etwa im Rahmen der Pelzdeklaration gezeigt hat. Aus der Deklaration soll klar hervorgehen, dass die infrage stehende tierquälerische Herstellungsart in der Schweiz nicht zulässig wäre, zudem ist sie gut sichtbar anzubringen.
Tierschutzrechtlich ist die Trophäenjagd ebenfalls als problematisch zu bezeichnen. Oft werden die Tiere aus einer gewissen Distanz geschossen, mit entsprechend hohem Risiko, dass dem Tier eine nicht-tödliche Wunde zugefügt wird. Meist wird ein direkter Kopfschuss vermieden, um die begehrte Trophäe nicht zu beschädigen. Grosse Tiere wie Elefanten müssen nicht selten mehrmals angeschossen werden, bevor sie sterben, wodurch sie zusätzliche Schmerzen und Leiden erfahren. Überdies werden bei der Trophäenjagd oft Jagdmethoden verwendet, die in der Schweiz aus Tierschutzgründen verboten sind. Indem die Schweiz bislang die Ein- und Durchfuhr von Jagdtrophäen gefährdeter Arten toleriert, unterstützt sie somit Praktiken, die aus Tier- und Artenschutzperspektive unhaltbar sind. Die TIR begrüsst das klare Zeichen, das der Nationalrat mit Zustimmung zur entsprechenden Motion gesetzt hat, daher sehr.
Diskussionslos abgelehnt wurde bedauerlicherweise indessen die von Nationalrätin Aline Trede (GPS/BE) eingereichte Motion 19.3390, die die Einführung einer Deklarationspflicht für Mulesing-Merinowolle und entsprechende Produkte verlangte. In seinem Bericht Obligatorische Deklaration der Herstellungsmethoden von Nahrungsmitteln vom 11. September 2020 in Erfüllung des Postulats 17.3967 der ständerätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-S) geht der Bundesrat auch auf die Deklaration anderer tierischer Produkte ausserhalb des Nahrungsmittelsektors ein. Im Zusammenhang mit der Wollproduktion verweist er auf die üblichen Argumente der schwierigen Rückverfolgbarkeit, der Möglichkeit zur Positivdeklaration und der Gefahr einer Handelsstreitigkeit mit entsprechenden Exportländern und empfiehlt in der Folge die Ablehnung einer entsprechenden Deklarationspflicht.
Die TIR hält die genannten Argumente für nicht stichhaltig. Die aufgezeigten Schwierigkeiten sind überwindbar, indessen fehlt es ganz offensichtlich am politischen Willen, dem Tierschutz die gebotene Nachachtung zu verschaffen und die stets stärker gewichteten wirtschaftlichen Bedürfnisse einzuschränken.
Die beiden im Nationalrat angenommenen Motionen werden nun zur Beratung und Abstimmung in die zweite Kammer überwiesen. Die TIR hofft, dass der Ständerat dem positiven Beispiel des Nationalrats folgen wird und die vorliegenden Motionen zur dringend notwendigen Stärkung des Tier- und Artenschutzes ebenfalls annimmt.