Tierquälerei an Habicht mit bedingter Freiheitsstrafe sanktioniert
05.07.2016
Dieses Vorgehen hat in gewissen Sporttaubenkreisen System: So sind in einschlägigen Foren detaillierte Anleitungen zum Vergiften von Greifvögeln unter Verwendung lebender Köder-Tauben zu finden. Ziel ist die drastische Reduktion des Greifvogelbestands bis hin zur Ausrottung, damit der Taubensport ungestört ausgeübt werden kann. In den vergangenen Jahren ist entsprechender Bestand – insbesondere von Wanderfalken – denn auch merklich zurückgegangen. Gleichzeitig sind mehrere Vergiftungsfälle in verschiedenen Kantonen bekannt geworden. Dabei ist es in aller Regel aber schwierig, die Täterschaft ausfindig zu machen.
Nachdem sowohl die Überreste der Taube als auch der verendete Greifvogel im gestern beurteilten Fall beschlagnahmt werden konnten, führten die Spuren schliesslich zum inzwischen verurteilten Taubenhalter. Aufgrund der erdrückenden Beweislage wurde er umgehend in Untersuchungshaft genommen, wo er mehrere Wochen verblieb. Es konnten beim Tatverdächtigen daraufhin Giftrückstände und das besagte Nervengift sichergestellt werden.
Gleichzeitig wurden gravierende Mängel in dessen Taubenhaltung festgestellt: Eine massive Überbelegung des Taubenschlags führte zu erheblichem Tierleid: Volièren und Tauben waren übermässig verschmutzt und die Tiere hatten zu lange Krallen. Die Staatsanwaltschaft erkannte in dieser tierschutzwidrigen Haltung einen deutlichen Hinweis darauf, dass der Taubenhalter die Tötung des Greifvogels nicht etwa im Interesse seiner Schützlinge respektive aus Tierliebe verübte, vielmehr ging es ihm einzig um die ungestörte Ausübung seiner Leidenschaft.
Während der Befragung gab der Beschuldigte ungewollt eine weitere Straftat zu: Auf die Frage des Einzelrichters, was er mit den 140 überzähligen Tauben gemacht habe, antwortete der Tierhalter, er habe diese freigelassen. Damit ist mutmasslich der Straftatbestand des Aussetzens von Tieren erfüllt. Gleich wie das qualvolle und mutwillige Töten von Tieren wird auch ihr Aussetzen und Zurücklassen vom Tierquälereitatbestand im Sinne von Art. 26 des Tierschutzgesetzes (TSchG) erfasst.
Es handelt sich dabei um mit Freiheits- und Geldstrafe bedrohte
Vergehen. Angesichts des offensichtlich fehlenden Verantwortungsgefühls
gegenüber seinen Tauben ist im vorliegenden Fall neben einer
angemessenen Bestrafung ein verwaltungsrechtliches Tierhalteverbot zu
fordern.
Die Staatsanwaltschaft und das Veterinäramt des Kantons Zürich, das in seiner Funktion als Privatklägerschaft auftrat, forderten elf Monate Freiheitsentzug. Weil der Taubenhalter bisher ein strafrechtlich unbescholtenes Leben führte, ist die Strafe – unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren – bedingt aufzuschieben. Darüber hinaus wurde Antrag auf 4000 Franken sofort zu bezahlende Verbindungsbusse gestellt. Die Verteidigung anerkannte das Strafmass in vollem Umfang und führte dazu lediglich aus, dass der Wert, der Tieren zuzumessen ist, einem steten Wandel unterliege und nicht etwa sakrosankt sei. Der Richter folgte den Anträgen und bestätigte die geforderte Strafe; zusätzlich wurden dem Verurteilten die Verfahrenskosten auferlegt. Zur Anwendung kam nicht nur das Tierschutz-, sondern auch das Umweltschutz-, das Jagd- und das Chemikaliengesetz.
Die TIR fordert gemeinsam mit dem Schweizer Vogelschutz SVS/Birdlife Schweiz und weiteren Organisationen eine Bewilligungspflicht für Taubenhaltungen. So wird eine Kontrolle sowohl der nicht selten tierschutzwidrigen Zustände, unter denen die Tauben leben und trainiert werden, als auch weiterer Verstösse gegen die Tierschutz- und Jagdgesetzgebung überhaupt erst ermöglicht. Aktuell haben Behörden von zahlreichen dieser Haltungen, die sich oft unscheinbar in Schrebergärten oder alten Scheunen befinden, keinerlei Kenntnis.
Dass der vorliegende Fall überhaupt vor Gericht kam, ist dem sorgfältigen und ernsthaften Einsatz der Spezialabteilung Tierdelikte der Kantonspolizei Zürich und der zuständigen Staatsanwaltschaft zu verdanken. Die TIR dankt den entsprechenden Verantwortlichen, dass sie die massiven Verletzungen von Tierschutzvorschriften nicht als Kavaliersdelikt betrachtet und angemessene Massnahmen getroffen haben.