TIR beunruhigt: Regierungsrat bewilligt umstrittenen Affenversuch
Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) zeigt sich äusserst beunruhigt über den heute veröffentlichten Entscheid des Zürcher Regierungsrats zugunsten eines umstrittenen Tierversuchs. Dieser setzt sich über erhebliche ethische Bedenken und die einschlägige bundesgerichtliche Rechtsprechung hinweg und trägt damit weder dem Verfassungsauftrag des Tierschutzes und der Berücksichtigung der Tierwürde noch der Rechtssicherheit angemessen Rechnung.
10.12.2015
2009 wurden zwei methodisch ähnliche Tierversuche in einem mehrjährigen Rechtsverfahren von sämtlichen Instanzen abgelehnt und den entsprechenden Experimenten durch das Bundesgericht damit letztlich der Riegel geschoben. Ausschlaggebend war zum einen die schwere Belastung, die den Tieren im Versuch hätte zugefügt werden sollen: Geplant war die Implantation von Elektroden ins Gehirn sowie einer Kopfhalterung am Schädel, die zur Fixierung der Rhesusaffen im sogenannten "Primatenstuhl" dienen sollte. Um die Tiere zur Kooperation am Experiment zu bewegen, war zusätzlich ein strikter Wasserentzug vorgesehen. Während mehrerer Stunden täglich sollten die durstig gehaltenen Tiere mit fixiertem Kopf Aufgaben an einem Bildschirm lösen – und das Ganze über Monate bis Jahre hinweg.
Demgegenüber stand das in der gesetzlich geforderten Güterabwägung zu berücksichtigende Wissen, das aus den schwerbelastenden Versuchen zu erwarten war: Grundlegende Daten über Hirnfunktionen, aus denen nicht hervorging, ob und in welchem Zeitrahmen sie einen relevanten Beitrag zu einem medizinischen Fortschritt leisten könnten. Weil ein konkreter Nutzen aus dem Versuch vom Bundesgericht insgesamt als unwahrscheinlich, das Leiden der betroffenen Tiere aber als erheblich beurteilt wurde, fiel die Güterabwägung deutlich zugunsten der Versuchstiere und gegen die Durchführung der Experimente aus. Das Bundesgericht berücksichtigte in seinem Entscheid insbesondere auch die verfassungsmässig verankerte Würde der Versuchstiere.
Der aktuell zu beurteilende Tierversuch ist inhaltlich mit den früheren Versuchsanordnungen vergleichbar, womit auch die Güterabwägung gleich ausfallen müsste. Angesichts des inzwischen sogar noch verstärkten rechtlichen Tierschutzes müsste die Abwägung der sich entgegenstehenden Interessen heute noch deutlicher zugunsten der Versuchstiere ausfallen. Der Entscheid des Regierungsrats steht in klarem Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichts aus dem Jahr 2009. In der Bewilligungspraxis von Tierversuchen findet damit ein massiver Rückschritt statt, der vom Zürcher Regierungsrat nun auch noch bestätigt wird.
Rechtskräftig ist der Entscheid noch nicht. Es steht den rekurrierenden Mitgliedern der Tierversuchskommission offen, das kantonale Verwaltungsgericht als übergeordnete Instanz anzurufen. Die TIR geht davon aus, dass die Tierschutzvertreter in der kantonalen Tierversuchskommission entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag die nötigen Schritte in die Wege leiten und das Verfahren weiterziehen werden.
- Entscheid Regierungsrat des Kantons Zürich RRB Nr. 1114/2015
- Medienmitteilung Regierungsrat des Kantons Zürich vom 10. Dezember 2015: Regierungsrat schützt Tierversuchsbewilligung
- Medienmitteilung vom 10. Dezember 2015
- Newsmeldung vom 13.10.2009: Meilenstein für den Tierschutz: Umstrittene Affenversuche bleiben nach Bundesgerichtsurteilen verboten
- Urteil Bundesgericht vom 7.10.2009: 2C 421 2008
- Urteil Bundesgericht vom 7.10.2009: 2C 422 2008
- Tages-Anzeiger online vom 10. Dezember 2015: Zürcher Forscher erhalten Okay für Versuch an Rhesusaffen
- Radio Top online vom 10. Dezember 2015: Zürcher Regierungsrat stützt Tierversuche / Interview mit Vanessa Gerritsen
- Radio 1 vom 10. Dezember 2015: Bericht zum Regierungsratsentscheid / Interview mit Michelle Richner
- NZZ online vom 10. Dezember 2015: Zürcher Tierversuche bewilligt: Was die Forscher mit den Affen planen
- Tages Anzeiger vom 11. Dezember 2015: Widerstand gegen Tierversuche mit Affen
- watson vom 13. Dezember 2015: Tierversuche an Rhesusaffen: "Die Bewilligung ist rechtswidrig"