Fischer erstinstanzlich freigesprochen
Das Bezirksgericht Horgen hat am Mittwoch, den 3. Februar 2010, einen Angler freigesprochen, der einen über einen Meter langen Hecht nach ca. zehnminütigem Kampf an Land gezogen hatte. Der Zürcher Tieranwalt Dr. Antoine F. Goetschel wartet die Begründung des Urteils ab.
04.02.2010
Der Fischer, der im letzten Jahr einen etwa elf Kilogramm schweren Hecht nach aus dem Wasser zog, nachdem er rund zehn Minuten mit diesem gerungen hatte, wurde am Dienstag, 2. Februar, vom Bezirksgericht Horgen vom Vorwurf der Tierquälerei freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft forderte für den Angler eine milde Geldstrafe in Kombination mit einer Busse wegen Tierquälerei, da der Hecht durch den zehnminütigen Überlebenskampf misshandelt wurde und einer Überanstrengung gemäss Tierschutzgesetz ausgesetzt war.
Der Zürcher Tieranwalt Antoine F. Goetschel – Stiftungsrat der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) – hat sich der Anklage als Geschädigtenvertreter angeschlossen und verwies dabei auf verschiedene Fachliteratur zum Tierschutz an Fischen sowie auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Celle aus dem Jahr 1993, in dem ein Drill (also der Kampf mit dem Fisch an der Fischerrute bis zu dessen Ermüdung und Erschöpfung) von einer halben bis einer Minute als "länger anhaltende Schmerzzufügung" im Sinne des Tierschutzrechts zu werten sei. Gemäss Tierschutzverordnung hat der Fang von Fischen zudem schonend zu erfolgen und dürfen die Fangmethoden dem Tier keine unnötigen Schmerzen zufügen. Diese Voraussetzungen sah der Tieranwalt jedoch im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Bei der mündlichen Urteilseröffnung ging das Gericht leider nicht näher darauf ein, inwiefern das Tierschutzrecht Anwendung auf die Fischerei findet. Man darf daher auf die schriftliche Urteilsbegründung gespannt sein.
Die TIR ist der Ansicht, dass die Handlung des Fischers als Tiermisshandlung zu qualifizieren sei. Ein zehn Minuten andauernder Überlebenskampf ist für einen Fisch mit Schmerzen, Angstzuständen und starkem Stress verbunden. Ein so lange anhaltendes Drillen erfüllt die Tatbestände der Misshandlung und der Überanstrengung und bedeutet somit eine Tierquälerei im Sinne des Tierschutzgesetzes.
Auch wenn die Bestimmungen über die Fischerei vorbehalten bleiben,
gelten die Grundsätze des Tierschutzrechts selbstverständlich auch für
das Angeln. Die TIR bedauert, dass das Gericht auf die Frage des
Verhältnisses des Fischereirechts zum Tierschutzrecht nicht vertieft
einging und ist gespannt, wie die Handlung des Fischers in der
schriftlichen Urteilsbegründung gerechtfertigt wird.
Dass in Zürich Urteile zu grundlegenden Fragen des Tierschutzrechts
erwirkt und nötigenfalls auch angefochten werden können, ist der
Institution des Tieranwalts zu verdanken. Leider ist Zürich bisher der
einzige Kanton, der über einen Tieranwalt verfügt. Es ist jedoch zu
hoffen, dass die Initiative zur schweizweite Einführung von
Tieranwälten, die am 7. März zur Abstimmung kommt, angenommen wird und
das Tierschutzrecht somit künftig in allen Kantonen konsequent umgesetzt
wird. Mehr dazu finden Sie hier.
- TalkTäglich (Tele Züri) vom 9.2.2010 mit Antoine F. Goetschel (Tieranwalt des Kantons Zürich), Urs Meier (Vize-Präsident Fischereiverband Zürich) und Bernhard Trachsel (Geschäftsführer Zürcher Tierschutz)
- Tages-Anzeiger vom 4.2.2010: Hecht-Fall: Darum lässt der Tieranwalt nicht locker
- NZZ vom 3.2.2010: Prozess um einen grossen Fisch
- Tages-Anzeiger vom 3.2.2010: Die Fischer können aufatmen
- DerBund.ch: "Wir haben ein Tierschutzgesetz, welches das Misshandeln von Tieren verbietet"