TV-Sendung "Arena" SF 1 vom 9.12.2005: Kampfhunde: Stopp dem Wahnsinn?
An der gestern aufgezeichneten „Arena“ im Schweizer Fernsehen haben sich im vordersten Rang VertreterInnen aus Politik, kantonaler und eidgenössischer Verwaltung und Hundezucht die Klingen gekreuzt. Die Stiftung für das Tier im Recht und die Stiftung für das Wohl des Hundes konnten in zwei Voten auf den Gang der Diskussion einwirken.
09.12.2005
Zum einen soll aus der Debatte die Haftung des Hundehalters für durch einen Hund verursachte Schäden im Gedächtnis bleiben. Die möglicherweise von den Versicherungen nicht getragenen Kosten können leicht ein paar hunderttausend Franken betragen (Art. 56 OR; www.tierschutz.org/tierundrecht/andere/privatrecht/weitere/haftung.php). Darauf haben wir in der Diskussion, die sich im Sammelsurium von mitunter gescheiten Vorschlägen verloren hat, besonders hingewiesen (siehe Link unten "Sendung ARENA" 1h 21Minuten 53 Sekunden bis 1h 22 Minuten 45 Sekunden).
Zum anderen haben wir auf teils erhebliche Misstände auf der Ebene der Gemeinden aufmerksam gemacht (siehe Link unten "Sendung ARENA" 34 Minuten 30 Sekunden bis 36 Minuten 30 Sekunden). Die Gemeinden sind es, die in weiten Teilen die Gesetze zum Schutz der Tiere (eidg. und kantonales Tierschutzrecht) und zum Schutz der Menschen vor Tieren und insb. Hunden (kantonale Hundehaltegesetze, kommunale Polizeiverordnungen) durchzusetzen haben. So haben etwa im Kanton Zürich die Gemeinden eine Liste der Hunde und deren Halterinnen und Halter zu führen. Grundsätzlich jeder im Kanton Zürich gehaltene Hund im Alter von über sechs Monaten ist nämlich im Zusammenhang mit der Hundesteuer bei seiner Wohnsitzgemeinde zu melden (§ 13 – 15 des kant. Gesetz über das Halten von Hunden/ZH (LS 554.5.; § 2 der Hundeverordnung/ZH). Durchaus zu prüfen und vielleicht gar wünschbar wäre das Ergänzen dieses Verzeichnisses auf Gemeindeebene durch Hundevorfälle. Denn damit ergäbe sich ein gewisses Bild über die mögliche Gefährlichkeit des Hundes für Mensch und Tier. So könnte auch die Arbeit der Polizeiorgane erleichtert werden, denen der Vollzug u.a. von § 6 des Hundehaltegesetzes obliegt, dass für Mensch und Tier gefährliche Hunde auf Anordnung des Bezirkstierarztes abgetan werden können (§ 6) und wonach bissige Hunde stets anzuleinen sind und einen Maulkorb tragen müssen (§ 10 Abs. 2). Die Polizeiorgane haben auch aufgrund von kommunalen Polizeiverordnungen durchzusetzen, dass Tiere so zu halten sind, dass sie niemanden belästigen und weder Menschen noch andere Tiere oder Sachen gefährden oder beschädigen. Und es ist regelmässig der Gemeinderat, der das Halten von Tieren verbieten kann, wenn sich der Halter der polizeilichen Aufforderung zur Behebung eines durch die Tiere oder Tierhaltung verursachten Misstandes widersetzt.
Das bisherige Verzeichnis ist allerdings in verschiedener Hinsicht lückenhaft. Es erfasst bloss sog. „verabgabte“ Tiere der Gemeinde, also nicht jene gesamtschweizerisch rund 80'000 Hunde, die nicht angemeldet sind und somit keine Kontrollmarke tragen (eine Zahl, die im Rahmen der bevorstehenden Mikrochip-Pflicht nach Art. 16/17 der eidg. Tierseuchenverordnung vom 23.6.2004 vermutlich noch ansteigen wird). Und Hunde von Personen, die sich bloss auf Gemeindegebiet aufhalten aber keinen Wohnsitz haben, sind auch nicht erfasst. Wer also nur vorübergehend in einer Gemeinde weilt oder sich länger hier aufhält, aber nicht anmeldet, umgeht die Meldepflicht. Zur Erfassung von Hunden, deren HalterInnen sich in einer Gemeinde mehr als bloss ein, zwei Tage aufhalten, ist die Gemeinde auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen.
Ziel eines vervollständigten Verzeichnisses ist es nicht primär, die
Chippflicht durchzusetzen, sondern einfach Kenntnis über Hunde auf dem
Gemeindegebiet zu erhalten. Damit wäre zu überlegen, ob die Chippflicht
verletzende Hundehaltende zwingend verzeigt werden, oder bei guten
Gründen auf eine Sanktionen verzichtet werden könnte.
Bei vollständiger Erfassung der Hunde in der Gemeinde wäre es ein
Leichtes, die Vorfälle mit zu verarbeiten, bei denen ein Hund Menschen
oder Tieren angegriffen und gar verletzt hätte. Ob sich nun die
Gefährlichkeit auf Gemeindegebiet manifestiert hat oder ausserhalb, darf
dabei keine Rolle spielen. Deshalb wird das Verzeichnis mit Vorfällen
zu ergänzen sein, die sich in anderen Gemeinden des Kantons abgespielt
haben und vorzugsweise auch mit solchen ausserhalb der Kantonsgrenzen.
Ob hierzu die kantonalrechtlichen und eidgenössischen Bestimmungen
ausreichen, wird abzuklären sein. Wird das Verzeichnis für eine
Laufzeit von jeweils etwa fünf Jahren geführt, ergibt sich daraus
durchaus ein gewisses Gesamtbild der Gefährlichkeit eines Tieres und
eine gute Grundlage, um festzustellen, ob die sicherheitspolizeilichen
Bestimmungen über die Tierhaltung eingehalten oder ob ein
Tierhalteverbot zu verfügen oder weitergehende Massnahmen im Sinne des
Hundehaltungsgesetzes/ZH zu treffen sind.
Auf der Ebene des
Bundes können vom BVET bis Ende Januar 2006 Vorschläge über die
Ausbildung von Hundehaltenden und der Bewilligungspflicht für das Halten
von Hunden, die gewisse Kriterien erfüllen, erwartet werden. Da bleibt
zu hoffen, dass sich das Amt nicht von der Schweizerische Kynologischen
Gesellschaft SKG, die die Arena hart an der Grenze des Erträglichen zur
Eigenwerbung und Schönfärberei missbraucht hat, für deren eigenen Ziele
einspannen lässt und auch Fachpersonen aus anderen Kreisen, wie etwa der
in der Ausbildung von Hundeausbildnern spezialisierten Stiftung für das
Wohl des Hunde (www.certodog.ch) einspannen lässt.
Auf
kantonaler Ebene hat der Zürcher Regierungsrat Jeker um Verständnis für
die Sofortmassnahme der Leinen- und Maulkorbtragpflicht bei gewissen
Hunderassen ersucht. Sie soll – wohl auf kynologisch fragwürdiger Ebene –
der Beruhigung dienen und möglichst bald durch besser abgesicherte
Massnahmen abgelöst werden.