Kein Platz mehr für kantonale Tieranwälte?
Entgegen der allgemeinen Meinung in Parlament und Medien wird es künftig gar nicht mehr möglich sein, dass die Kantone Tieranwaltschaften einrichten! Die eidgenössische Strafprozessordnung wird nicht nur neue verbieten, sondern auch die bestehende Tieranwaltschaft des Kantons Zürich ins Wanken bringen. Deshalb muss eine bundesrechtliche Grundlage für Tieranwältinnen und Tieranwälte unbedingt in das neue Tierschutzgesetz aufgenommen werden.
13.06.2005
Die Stiftung für das Tier im Recht sieht der morgigen Nationalratsdebatte über die gesamtschweizerische Einführung von Tieranwältinnen und Tieranwälten mit grosser Spannung entgegen. Bei der Abstimmung über den Minderheitsantrag 24a zum neuen Tierschutzgesetz (TSchG) geht es um wesentlich mehr als bloss um eine Verteilung zwischen Bundes- und kantonalen Kompetenzen zur Einführung von Tieranwältinnen und Tieranwälten. Entschieden wird über das generelle Sein oder Nichtsein dieses unbestreitbar wichtigen Instrumentes für einen besseren Vollzug des Tierschutzrechts.
Als Hauptargument gegen die gesamtschweizerische Einführung von Tieranwälten wurde in den Räten regelmässig vorgebracht, dass dies nicht Sache des Bundes, sondern der Kantone sei. Eine entsprechende Institution wurde bislang jedoch einzig im Kanton Zürich eingeführt, wo man seit 1992 hervorragende Erfahrungen mit dem Amt gemacht hat und (prozentual zur Wohnbevölkerung) bis zu 50mal mehr Strafverfahren wegen Verstössen gegen die Tierschutzgesetzgebung durchgeführt werden als in anderen Kantonen.
Nachdem sich alle anderen Kantone auf freiwilliger Basis bis anhin nicht zur Einführung von Tieranwälten für einen besseren Vollzug des Tierschutzrechts entschliessen können, wird ihnen diese Möglichkeit in Zukunft gar nicht mehr offen stehen: Vor dem Hintergrund der ca. 2010 in Kraft tretenden eidgenössischen Strafprozessordnung (StPO/CH), mit der die bestehenden kantonalen Prozessrechte vereinheitlicht werden, braucht es für das Amt eines Tieranwalts zwingend eine bundesrechtliche Grundlage, wie sie Art. 24a TSchG darstellen würde.
Die StPO/CH gibt eine relativ enge Behördenstruktur vor, in der eine nur
auf kantonalem Recht beruhende Tieranwaltschaft hingegen keinen Platz
mehr haben wird.
Falls das Parlament dem Minderheitsantrag zur
Aufnahme eines Art. 24a ins revidierte TSchG morgen nicht zustimmt, wird
nicht nur der Kanton Zürich seinen Tieranwalt verlieren. Ohne eine
bundesgesetzliche Grundlage können (nach Auskunft von Peter Goldschmid
(Dr.iur., Fürsprecher) des Dienstes für Strafprozessrecht des Bundesamts
für Justiz) in Zukunft (d.h. mit Inkrafttreten der eidgenössischen
StPO/CH) auch keine neuen kantonalen Tieranwälte mehr geschaffen werden.
Dies
gilt es unter allen Umständen zu verhindern! Die Stiftung für das Tier
im Recht hofft daher, dass sich der Nationalrat mit der Annahme des
Minderheitsantrags 24a TSchG für ein deutlich verbessertes
Vollzugsinstrumentarium im Tierschutz ausspricht.