Freie Katze im Auto gilt als nicht gesicherte Ladung: Bundesgericht bestätigt Urteil wegen Verkehrsregelverletzung
Mit seinem Urteil vom 24. Februar 2011 hat das Bundesgericht einen Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau bestätigt, wonach ein Automobilist wegen Nichtsicherung der Ladung im Sinne des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) zu einer Busse von 300 Franken verurteilt wurde, weil er seine Katze ungesichert auf dem Armaturenbrett seines Personenwagens transportiert hatte. Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) begrüsst die Schaffung höchstrichterlicher Entscheide in tierrelevanten Bereichen.
16.03.2011
Im Februar 2009 hatte eine Polizeipatrouille festgestellt, dass ein Aargauer Automobilist seine Katze auf dem Armaturenbrett transportierte. Das Tier konnte sich zwischen Lenkrad und Windschutzscheibe ungesichert und frei bewegen. Es sass im Sichtfeld des Lenkers und verdeckte diesem dadurch die freie Sicht auf die Strasse. Vom Gerichtspräsidenten des Bezirksgerichts Zofingen wurde er hierfür wegen Nichtsicherns der Ladung zur Zahlung einer Busse von 300 Franken verurteilt. Die in der Folge vom Automobilisten eingelegte Berufung wurde vom Obergericht des Kantons Aargau abgewiesen.
Gegen diesen Entscheid des Obergerichts erhob der Verurteilte nun Beschwerde beim Bundesgericht. Wie vor den Vorinstanzen machte er auch hier zu seiner Verteidigung geltend, seine Katze sei keine "Ladung" im Sinne von Art. 30 Abs. 2 und Art. 31 Abs. 3 SVG. Vielmehr falle das Tier unter den Begriff des "Mitfahrers" und unterliege daher der Gurtentragpflicht, deren Missachtung lediglich zu einer Busse von 60 Franken führen könne. Die Betriebssicherheit seines Fahrzeuges sei durch die Katze nicht gefährdet gewesen; zudem habe er das Tier ursprünglich mit einer Leine gesichert.
Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid nun zu Recht ausgeführt, dass Tiere zwar keine Sachen mehr sind, für sie aber immer noch die Bestimmungen betreffend Sachen zur Beurteilung herangezogen werden, wenn das Gesetz keine Spezialbestimmung für Tiere vorsieht (vgl. Art. 641a Abs. 2 des Zivilgesetzbuches (ZGB)). Hinsichtlich der Sicherung von in Personenwagen transportierten Haustieren finden sich weder im Strassenverkehrsgesetz (SVG) oder in der Verkehrsregelordnung (VRV) noch im Tierschutzgesetz besonderen Bestimmungen. Die Gurtentragpflicht greift ausschliesslich bei Menschen und ist nicht auf Tiere anwendbar. Dementsprechend bestehen für den Transport von Kleintieren keine Spezialvorschriften, weshalb für die Frage der Sicherung von Haustieren die allgemeinen, für die Ladung ("Sachen") geltenden Gesetzesvorschriften zur Anwendung kommen.
Die Ladung ist demnach so anzubringen, dass sie niemanden gefährdet oder
belästigt, nicht herunterfällt (Art. 30 Abs. 2 SVG) und den Lenker
nicht behindert (Art. 31 Abs. 3 SVG). Ladungen, die die Sicht behindern,
sind nicht gestattet (Art. 73 Abs. 6 VRV).
Da sich die Katze durch ihre Position im Sichtfeld des Lenkers befand,
war eine konkrete Behinderung gegeben, weshalb das Bundesgericht die
Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Busse von 300 Franken wegen
Führens eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs nach Art. 93 Ziff. 2 SVG
bestätigt hat.
Die TIR ist erfreut darüber, dass das
Bundesgericht in seiner Argumentation ebenfalls die Interessen des
Tieres berücksichtigt und eine "tiergerechte" Sicherung von Tieren in
Personenwagen gefordert hat. Zudem begrüsst die TIR höchstrichterliche
Entscheide gerade in tierrelevanten Gesetzesbereichen, auf die der
Paradigmenwechsel "Tiere sind keine Sachen" im Jahre 2003 bislang noch
keine Auswirkungen gehabt hat beziehungsweise in denen noch keine
tierspezifischen Gesetzesänderungen vorgenommen wurden. Speziell in
diesen Rechtsbereichen (Mietrecht, Arbeitsrecht, SVG etc.) bestehen im
Rahmen der Rechtsanwendung diesbezüglich grosse Unsicherheiten.
Das vollständige Urteil (6B_894/2010) finden Sie hier.